Freiheitsentziehende Maßnahmen im aktuellen Diskurs. Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung

Diskussionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

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1. Einleitung

Die Diskussion um Freiheitsentziehende Maßnahmen und Geschlossene Unterbringung (GU) in der Kinder- und Jugendhilfe ist geprägt durch zwei sich klar gegenüberstehenden Positionen:

  •  Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe lehnen Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Leistungserbringung der Kinder- und Jugendhilfe prinzipiell ab[1];
  • Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe befürworten Freiheitsentziehende Maßnahmen und GU in der Kinder- und Jugendhilfe, da sie diese unter den gegebenen Umständen der Kinder- und Jugendhilfestruktur als eine geeignete Form für notwendig halten.

Einig sind sich die Vertreterinnen und Vertreter beider Ansichten in der Sorge, dass wenn stationäre Hilfen mit Freiheitsentziehenden Maßnahmen angeboten werden, diese auch mehr und mehr und immer selbstverständlicher nachgefragt werden. Etabliert sich hier eine Regelstruktur, wohin die öffentliche Debatte derzeit deutet, birgt diese die Gefahr, dass eine pädagogische Kapitulation zu schnell erfolgt.
Der grundsätzliche Dissens zum rechtlichen und fachlichen Verständnis ist auch in der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ nicht auflösbar, er soll daher in diesem Papier nicht weiter vertieft werden. Gleichzeitig hält es die AGJ für notwendig, sich in den aktuellen Diskurs zu Freiheitsentziehenden Maßnahmen einzubringen, um eine Fachdebatte über das Selbstverständnis und die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe zu führen und Orientierung zu geben.[2] Ansatzpunkt sind die strukturellen Möglichkeiten, die dabei insbesondere in den Hilfen zur Erziehung und ihrer Weiterentwicklung liegen. Wenngleich sich die Mehrzahl der Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe nicht „pro GU“ positionieren würde, sind sich alle Fachkräfte in der Forderung einig, dass sich das System der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickeln muss, um mehr Handlungsoptionen im Hinblick auf Kinder und Jugendliche zu entwickeln, für die derzeit die geschlossene Unterbringung erwogen wird. Das Papier will einen Beitrag leisten, Antworten auf schwierige Fragen der Kinder- und Jugendhilfe zum Thema zu finden. Aus Sicht der AGJ muss es insbesondere darum gehen, Abbrüche von stationären Hilfen und Verschiebebahnhöfe zu vermeiden.

Historischer Kontext

In der historischen Dimension ist festzustellen, dass die Debatte um Freiheitsentziehende Maßnahmen und GU offenbar in Wellenbewegungen verläuft. So konnte es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB VIII 1990/1991, in welchem – anders als im Jugendwohlfahrtsgesetz – GU gar nicht mehr und Freiheitsentziehende Maßnahmen nur in dem zeitlich sehr kurzen Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 Abs. 5 SGB VIII vorgesehen sind, als weitgehender Konsens gelten, dass Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe kein angemessenes pädago-gisches Mittel sind. Dem waren 20 Jahre fachliche Auseinandersetzung vorhergegangen, bei der insbesondere der kritischen Theorie zur Heimerziehung und zur lebensweltorientierten Sozialarbeit sowie dem Bundesjugendkuratorium eine besondere Rolle zukamen.

Einsperren samt strafender Orientierung hat(te) eine lange Tradition in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Die Heimerziehung in der früheren BRD war bis in die 60er Jahre hinein - weitgehend als „Fürsorgeerziehung" bzw. „Freiwillige Erziehungshilfe" (FE) organisiert - häufig verbunden mit Freiheitsentzügen. Obgleich es zwar schon in den 50er Jahren institutionelle Alternativen zur Verwahrung und Kasernierung gab, war normal, dass `verwahrloste` Kinder und Jugendliche im Rahmen der Fürsorgeerziehung eingesperrt wurden. Fürsorgeerziehungsheime (FE-Heime) waren in der Regel große Einrichtungen, oft in ländlicher Abgeschiedenheit und zumeist mit durchregelten Tagesabläufen, ausdifferenzierten Strafsystemen und autoritären Erziehungskonzeptionen. Erst in Nachfolge des Zwischenberichtes der Kommission Heimerziehung entwickelte sich Ende der 70er Jahre eine kritische Diskussion um die GU, die 1978 und vor allem im Juli 1981, in Nachfolge eines kritischen Kongresses, in einer Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums gipfelt, in der es hieß: “Es gibt keine pädagogische Rechtfertigung für eine geschlossene Unterbringung in Heimen der öffentlichen Erziehung“[3]. Einzelne Bundesländer, wie Hessen und Hamburg, verzichteten damals, aufgrund politischer Beschlüsse Anfang/Mitte der 80er Jahre, gänzlich auf geschlossene Unterbringung. Parallel entwickelten sich Alternativen zur GU (Hessen, NRW, Niedersachsen, Hamburg usw.), die vor allem die Frage in den Vordergrund rückten „Was macht aus Kindern in Schwierigkeiten schwierige Kinder?“[4]. Konzepte etwa der Flexiblen Betreuung[5] wurden entwickelt, so dass Anfang der 90er Jahre Klaus Wolf bilanzierte: „Die Abschaffung der geschlossenen Unterbringung hat für diese Entwicklung eine wichtige Rolle gespielt, weil die wenig effektive und fachlich äußerst fragwürdige geschlossene Unterbringung die Probleme zwar nicht lösen, aber organisatorisch bewältigen konnte. Diese Form der Bewältigung musste zunächst verschlossen werden, damit sich nun Ideen und der Mut zur Realisierung entwickeln konnten"[6].

Der achte und der neunte Jugendbericht[7] formulierten in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Fachwelt ganz dezidiert „Als Setting in der Heimerziehung aber, als Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe ist sie (die Geschlossene Unterbringung) nicht gerechtfertigt“[8]. Gleichzeitig markierte das Ende der Praxis der sogenannten Werkhoferziehung in der DDR, mit Torgau als repressiver Spitze, das Ende der legitimierten geschlossenen Heimerziehung. Anfang der 90er Jahre hatten sich schließlich alle Fachverbände der Position gegen GU angeschlossen, mit gewisser zeitlicher Verzögerung hatte die GU 1996 mit 122 Plätzen ihren historischen Tiefstand erreicht. Politische Debatten in verschiedenen Bundesländern und eine vermehrte punitive und kontrollierende Ausrichtung der sozialen Wohlfahrtssysteme sowie Debatten aus der Psychiatrie und des Jugendstrafvollzugs veränderten in den Folgejahren nach und nach die Koordinaten der Wahrnehmung und Stellung zum Thema. Hatten sich der 8. und 9. Jugendbericht[9] – wie skizziert – noch begründet dezidiert gegen alle Formen „geschlossener Unterbringung“ ausgesprochen, bricht der 11. Jugendbericht unter dem Leitthema  „Aufwachsen in öffentlicher Verantwor-tung“ mit dieser Tradition, in dem er formuliert, dass „in wenigen, sehr seltenen Konstellationen die zeitweilige pädagogische Betreuung in einer geschlossenen Gruppe eine dem jeweiligen Fall angemessene Form der Intervention sein (kann)“[10]. Der 14. KJB schreibt diese Position fort.[11]

Forderungen an die Kinder- und Jugendhilfe im aktuellen Diskurs zu Freiheitsentziehenden Maßnahmen

Beobachtet man also den öffentlichen, sozialpolitischen Diskurs der letzten Jahre, sieht sich die Kinder- und Jugendhilfe aktuell wieder mit Forderungen von Politik, aus anderen Professionen und aus der Gesellschaft gegenüber, dass sie schnellere und auch repressiv durchgreifende Maßnahmen vorhalten müsse; hinzu kommen aktuelle Diskussionen um die geschlossene Unterbringung von sogenannten „straffälligen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ [12].

Der Blick in die Praxis belegt, dass die Fallzahlen Freiheitsentziehender Maßnahmen wachsen[13]. Andererseits hat sich das System in jüngster Vergangenheit erneut mit der Erkenntnis konfrontiert gesehen, dass in geschlossenen Maßnahmen Machtmissbrauch und Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen besonders leicht Teil des Alltags werden und dieser von außen besonders schwer einblickbar sein kann[14]. Zu erinnern sei in diesem Zusammenhang an berühmte Experimente der Sozialpsychologie, das „Stanford-Prison-Experiment“ und das „Rosenhan“-Experiment[15]: Diese Experimente haben gezeigt, in welch hohem Maß Strukturen Einfluss nehmen können auf Verhaltensweisen und Handlungen von Akteuren[16]. Permien[17] stellt aus diesem Grund hohe Anforderungen an Konzepte, Kompetenzen, Kooperationen und an die „Haltung“ von Fachkräften geschlossener Einrichtungen, die jedoch letztlich gleichermaßen für jede stationäre Einrichtung Geltung haben, um Abbrüche und Verschiebebahnhöfe zu vermeiden. Forschungsergebnisse sind hier eindeutig: Je mehr Beziehungsabbrüche ein(e) Heranwachsende(r) erlebt, desto größer werden externalisierende und internalisierende Verhaltensauffälligkeiten.[18]

Die Kinder- und Jugendhilfe, womit alle Akteure der öffentlichen und freien Jugendhilfe gemeint sind, stellt an sich selbst die Anforderung, Konzepte für alle jungen Menschen zu entwickeln, die mit erzieherischem Bedarf und/oder sozialen Benachteiligungsstrukturen konfrontiert sind. Sie will (darf) sich ihrer Verantwortung auch nicht durch einen Verweis auf andere Systeme, z. B. Kinder- und Jugendpsychiatrie oder (ab Erreichen der Strafmündigkeit) Justiz, entziehen. Sie will und muss bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und ihre Zuständigkeit zu verdeutlichen: Auch wenn junge Menschen teils Einrichtungen und Fachkräfte an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen, bleiben Verantwortung und Zuständigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe.

Gleichzeitig darf aber auch die Kinder- und Jugendhilfe von diesen anderen Systemen erwarten, dass ihr keine Verantwortlichkeiten außerhalb des eigenen Handlungsfeldes und sozialpädagogischen Methodenkanons zuge-schoben werden. Hier bedarf es eines wechselseitigen Respektes und Verständnissen für Aufgaben und Grenzen des jeweils anderen Systems, auf der wirkungsvolle Kooperation aufbauen kann.

Verantwortungsgemeinschaft zur Verhinderung von Eskalationsspiralen

Ein klare Haltung der Kinder- und Jugendhilfe und eine Abgrenzung gegenüber darüber hinweggehenden Forderungen kann aber nur gelingen, wenn gleichzeitig die Rahmenbedingen in den stationären und ambulanten Hilfen so weiterentwickelt werden, dass die Kinder- und Jugendhilfe schwierige Kinder und Jugendliche mit komplexen Hilfebedarfen bedarfsgerecht betreuen kann. Trotz des nicht auflösbaren, oben bereits angesprochenen, Dissens zu Freiheitsentziehenden Maßnahmen möchte sich die AGJ daher durch dieses Diskussionspapier in den aktuellen Diskurs einschalten, indem sie sich die Fragen stellt: Wie müssen sich Hilfen zur Erziehung qualifizieren, um Abbrüche und Ausschlüsse in den Hilfen zu verhindern? Was muss die öffentliche und freie Jugendhilfe tun, damit Eskalationsspiralen vermieden werden können?

Die AGJ sieht die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe in einer Verantwortungsgemeinschaft. Denn obwohl Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß §§ 79 ff SGB VIII die Gesamtverantwortung für die Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung haben und sie damit federführend verantwortlich sind für eine angemessene Ausgestaltung der Angebotsstruktur vor Ort und deren kontinuierliche Weiterentwicklung, liegt ihre Aufgabe jedoch insbesondere darin, Impulse zu geben und hinreichende Rahmenbedingungen bereitzustellen, damit wiederum die Träger der freien Jugendhilfe ihre Angebote weiterentwickeln und diese auf die individuellen Bedarfe der jungen Menschen abstimmen können. Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe tragen folglich gemeinsam im Sozialraum die Verantwortung und Verpflichtung dafür zu sorgen, dass auch für „schwierige Fälle“ Angebote gestaltet werden. Das bedeutet auch, dass in guten Zeiten verabredet wird, wie vorgegangen wird, wenn Krisen auftreten.

Forschungsergebnisse in Bezug auf einen Erfolg von Maßnahmen sind relativ klar in ihrer Grundtendenz. Sie beinhalten nichts Neues, aber es gilt, sich immer wieder daran zu erinnern und jeweils genau auszuwerten, woran sich diese Programmatik in der Praxis zeigt, also in welchen konkreten Verhaltensweisen sie operationalisiert wird. So konstatierten bspw. aktuelle Studien, eine neuseeländische mit 605 und eine kanadische mit 497 Heranwachsenden mit multiplen Risiken, die mindestens zwei psychosozialen Dienstleistungen in Anspruch genommen hatten: Interventionen, die die persönliche Handlungsfähigkeit stärkten durch respektvolle und sie „empowernde“ Dienstleistungen, erhöhten die Resilienz der Heranwachsenden, wobei ihre höhere Resilienz verknüpft war wiederum mit einem besseren Wohlbefinden. Resilienz war in dieser Studie zudem die einzige Variable, die einen positiven Einfluss auch auf funktionale Outcomes hatte, wie Engagement in der Schule und prosoziales Verhalten. Zentral für die Ermöglichung von Resilienz, für diese Heranwachsenden mit multiplen Risiken, war eine positive Erfahrung mit psychosozialen Dienstleitungen, wobei Gefühlen persönlicher Handlungsfähigkeit und davon, von Fachkräften respektiert zu werden, die größte Bedeutung für ein solches Ergebnis zukam.[19] Auch die deutsche ABiE-Studie zu Abbrüchen in den stationären Erziehungshilfen[20], in der 423 Fallverläufe untersucht wurden, unterstreicht die Bedeutung von alltäglichen Selbstwirksamkeitserfahrungen der Heranwachsenden.[21] Eine niederländische Studie untersuchte bspw. die Beziehungen zwischen Gruppenerzieherinnen und Gruppenerziehern und den Heranwachsenden und fand einen destruktiven Zirkel: Je höher die kontrollierenden Interventionen der Erzieherinnen und Erzieher, desto mehr externalisierende Verhaltensauffälligkeiten; je mehr externalisierende Verhaltensauffälligkeiten, desto höhere kontrollierende Interventionen.[22] Eine Schweizer Studie hält ebenfalls die Selbstwirksamkeit der sozialpädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Vermeidung von Abbrüchen für sehr bedeutsam.[23]

2. Knotenpunkte, die innerhalb des Arbeitsfeldes Hilfen zur Erziehung mehr Aufmerksamkeit brauchen, um Eskalation zu verhindern

Grundlegend: Die Subjektorientierung in der sozialpädagogischen Arbeit

Die Betroffenen sind als Akteure ernstzunehmen. Die Gefahr, dass Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe expertokratisch die Selbstdeutungen der Problemlagen von jungen Menschen und ihren Familie übergehen, ist systemimmanent.[24] Subjektorientierung hat allerdings auch Voraussetzungen in den Strukturen der Einrichtungen: Das jeweilige institutionelle Arbeitsklima, das Organisationsstruktur, der Leitungsstil, die Arbeitsbelastung, das Funktionieren von Teams, die Motivation, das „Commitment“ und die Zufriedenheit der mitarbeitenden Fachkräfte beinhaltet, hat Einfluss auf die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher und wird reflektiert in den gelebten Klimata in den Gruppen. Tornow stellt hierzu fest: „Die Rahmenbedingungen in den Einrichtungen spielen bei den Abbrüchen eine deutliche Rolle, wobei dieses eher kulturelle als strukturelle Einflüsse sind. Am stärksten stabilisierend wirkt sich eine starke Mitarbeiterbindung an die Einrichtung, eine transparente und zielorientierte Leitung und eine Kultur der Partizipation der Klientinnen und Klienten aus.“ [25]

Das Wunsch- und Wahlrecht sowie das Recht auf Beteiligung (§§ 5, 8, 36 SGB VIII) müssen ernstgenommen werden. Obgleich die Bildung von Hypothesen, d. h. das Nachdenken darüber, aus welchen Gründen sich jemand auf eine bestimmte Art und Weise verhält („Theory of mind“) und welche Art von pädagogischer und sonstiger psychosozialer Unterstützung hilfreich sein kann, als Teil der fachlichen Arbeit unerlässlich ist, müssen die Fachkräfte bereit sein, diese gemeinsam mit Betroffenen zu überprüfen und an den Hypothesen zu arbeiten, sie ggf. auch zu verwerfen. Im Selbstverständnis der Kinder- und Jugendhilfe ist enthalten, dass sie sich aktiv um eine „Bemündigung“ der Betroffenen kümmert. In diesem grundlegenden Aufgabenverständnis unterscheidet sie sich von ihren Kooperationssystemen. Dennoch muss sich auch das System der Kinder- und Jugendhilfe stets weiter die Frage stellen, wie die Betroffenen in die Lage versetzt werden können, selbst ihren Willen, ihre Wünsche und ihre Bedürfnisse zu vertreten. Das System der Kinder- und Jugendhilfe und die in ihm arbeitenden Fachkräfte müssen ein reflexives Selbstverständnis haben und bereit bleiben, über ihren eigenen Anteil an schwierigen Fallverläufen und so genannten „Jugendhilfekarrieren“ nachzudenken. Die AGJ hat bereits im Juni 2013 deutlich gemacht, dass sie Ombudschaften, systematische und adressatenbezogene Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in Einrichtungen und Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe als Baustein der Qualitätsent-wicklung fordert[26]. Eine Anregung in dieser Hinsicht könnte der in Norwegen entwickelte AudTrain-Ansatz bieten: AudTrain ist ein Fortbildungskonzept für Fachkräfte, um ein Audit durchzuführen, das Einrichtungen in ihrer Qualitätsentwicklung unterstützt. Schwerpunktthema sind die Maßnahmen der Einrichtung zur Sicherung der körperlichen und seelischen Integrität der ihr anvertrauten Kinder, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention festge-schrieben sind. Das Konzept schließt die Erhebung der Perspektive, der in den Einrichtungen lebenden Kinder mit ein. Einen qualifizierten Dialog mit den Kindern zu führen, ist Kernbestandteil der Fortbildung und des nachfolgenden Audits.[27] Das Konzept wurde im Rahmen des Ostseeratsnetzwerk „Children at Risk“ in Estland, Litauen und Schweden bereits erfolgreich erprobt.[28] Es gibt weitere ertragreiche Erfahrungen: Wenn Einrichtungen bspw. gemeinsam mit den betreuten Kindern und Jugendlichen als auch allen Mitarbeitenden Schutzkonzepte entwickeln und einen gemeinsamen Prozess durchlaufen, der – so die Ergebnisse der Bundesfortbildungsinitiative der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung e.V.[29] – nicht immer ganz einfach ist, in dem aber Regeln des Umgangs erarbeitet werden, die von allen getragen werden können.[30]

Es liegen Erkenntnisse vor, dass auch innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe nicht immer pädagogische Standards eingehalten werden, so dass es in eskalierten Situationen/Einzelfällen zu Machtmissbrauch und Gewalt kommen kann, aber auch zur scheinbaren „Vereinfachung“ in  Beantragungsverfahren. Jenseits von Recht und Gesetz kommen mancherorts Praktiken und Grauzonen vor, die mit den zu Recht strengen rechtlichen und auch mit den fachlichen Grundsätzen der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr vereinbar sind. Hiermit ist nicht nur das Verhalten einzelner Fachkräfte in der Leistungserbringung, sondern sind auch strukturelle und ökonomische Faktoren gemeint, welche sich wesentlich auf die Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien sowie das Leben in den Einrichtungen auswirken.

Was in der Verantwortung der Jugendämter und Träger liegt

In der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII ist die Lebenssituation des Einzelnen genau in den Blick zu nehmen, um die Entwicklung und den Fallverlauf zu verstehen. Dem Verstehen der Biographie und den daraus resultierenden Handlungsweisen kommt eine zentrale Rolle zu. Die Gefahr bei externalisierenden und destruktiven Verhaltensauffälligkeiten ist immer, in moralisierende Haltungen zu geraten und negative „Intentionen“ zu unterstellen, was implizit strafende Impulse zur Folge haben kann. Haltungen und das Verhalten von Fachkräften haben eine wesentliche Wirkung in Bezug darauf, ob Unterstützung aktiv angenommen werden kann. Deshalb gilt es, sich immer wieder aufs Neue die eigene Praxis der Beziehungsherstellung und die der Adressierung von Heranwachsenden bewusst zu machen. Ferner sind die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen zu berücksichtigen und abweichende Sichtweisen und Entscheidungen müssen transparent begründet werden. Um die Beteiligung der Heranwachsenden im Hilfeplanverfahren ernst zu nehmen, sind diverse Ideen denkbar, z. B. Vertrauenspersonen, die junge Menschen und ihre Familien beraten, unterstützen und sie zu Hilfeplangesprächen begleiten; eine systematische und konsequente gemeinsame Auswertung der Gespräche mit den Betroffenen; Qualifizierung von (Einzel)Vormündern; ein Aufgreifen von Impulsen aus dem Ansatz der Familienräte.[31]

Es ist von großer Bedeutung, dass bei schwierigen Fallverläufen, wie z. B. dem Abbruch einer stationären Hilfe, immer eine Reflexion stattfindet und möglichst ein Moment von Kontinuität beibehalten wird. Den Betroffenen muss deutlich gemacht werden, dass sie nicht „ihre letzte Chance“ verloren haben. Die Zuständigkeit muss gewahrt bleiben, und eine Bereitschaft bestehen, eine Wiederaufnahme mit neuen Zielen zu erarbeiten sowie die Ursache für den Abbruch aufzuarbeiten. Es braucht das Signal und die Bereitschaft im Gespräch zu bleiben, denn es geht um das „beste Interesse“ der Heranwachsenden – wie es die UN-Kinderrechtskonvention formuliert.[32]

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe muss seine Steuerungsverantwortung auf Einzelfallebene ernstnehmen und mit den freien Trägern Rahmenbe-dingungen vereinbaren, die Hilfesettings, Trägerverbünde mit unterschied-lichen Hilfemodulen und Angeboten ermöglichen, um darauf in Krisensituation zurückgreifen zu können. Damit er dies tun kann, ist das Jugendamt als Kompetenzzentrum durch die Kommune hinreichend auszustatten. Es bedarf insbesondere der konzeptionellen und organisatorischen Gestaltung eines zukunftsorientierten Allgemeinen Sozialen Dienstes[33].

Der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe ist es, vom Betroffenen aus zu überlegen, was dieser benötigt und wie im Sinne flexibler Hilfen ein Hilfesetting zu gestalten ist. Dieses muss sich anpassen und gestalten. Es darf nicht den Betroffenen entgegenhalten werden: „Das ist das einzige verfügbare Angebot, das überhaupt vorhanden ist“. Auch wenn die Bereitschaft der Betroffenen, an der Gestaltung der Hilfe und bei der Durchführung der notwendigen Maßnahmen mitzuwirken, Voraussetzung der Hilfeleistung ist, dürfen die Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I nicht dazu missbraucht werden, Ausschlüsse Betroffener zu legitimieren, z. B. darf Drogenfreiheit nicht als Voraussetzung, sondern allenfalls als mögliches Ziel von Hilfeleistung definiert werden. In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, dass bei entsprechendem Bedarf rechtlich durchaus die Möglichkeit vorhanden ist, mehrere Hilfen aus dem Angebotsspektrum der Hilfen zur Erziehung nebeneinander zu bewilligen. Solche Hilfen oder zusätzliche Module zur Krisenintervention sowie Auszeitmodelle mit Rückkehroption können z. B. sinnvoll sein, wenn eine stationäre Einrichtung eine Stabilisierung und Beruhigung der Lebenssituation bietet, im Rahmen einer ambulanten Hilfe gleichzeitig aber auch aktiv die Rückkehr ins Elternhaus vorbereitet werden kann oder in einer Krisensituation Alternativen zum Abbruch zur Verfügung stehen.

Die Träger von Einrichtungen müssen bereit sein, flexible Angebote zu machen. Sie würden ihrer Verantwortung innerhalb des Systems der Kinder- und Jugendhilfe nicht gerecht, wenn sie in erster Linie hinterfragten: „Inwieweit passt das Kind und sein Förderbedarf (noch) zu unserem Hilfeangebot?“. Stehen allein solche funktionalen Fragen für die Träger im Raum, können bedarfsgerechte Hilfen nicht entwickelt werden. In dem Zusammenhang sind auch die Qualifizierung mit Krisen und eine entsprechende Binnenstruktur relevant.

Ein gemeinsames Bündnis mit der Jugendhilfe kann sinnvoll sein – woraus aber keine Aufnahmeverpflichtung erwachsen sollte. Dennoch müssen die Träger bereit sein, sich zu hinterfragen, ob Ausschlüsse wegen der Unvereinbarkeit von Betreuungsaufgaben im Einzelfall wirklich notwendig sind. So kann sich beispielsweise die Aufnahme eines rechtsradikalen, gewaltbereiten Jugendlichen in eine Wohngemeinschaft mit einer schutzbedürftigen schwarzen Jugendlichen verbieten. Eine andere Situation ist unter Umständen das Verbot einer Hausordnung bezüglich Tierhaltung oder 100%iger Drogenfreiheit. Es braucht einen fachlichen Dialog zwischen den Fachkräften der Einrichtung, des Jugendamtes und den Betroffenen selbst, um auszuloten, welche jungen Menschen in einer Maßnahme zusammengebracht werden können, da anderseits sonst wiederum Abbrüche provoziert werden können.

Handlungsansätze aus der Praxis

Es würde den Umfang dieses Papieres sprengen, hier die Bandbreite existierender Projekte, die die Handlungsoptionen der Kinder- und Jugendhilfe erweitern, aufzuzeigen. Auf einige Einzelprojekte soll dennoch verwiesen werden:

In Berlin haben die öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe den Diskurs „Bündnis für Schwierige“ mit dem Ziel geführt, gemeinsam die Voraussetzungen zur Vermeidung von  Abbrüchen in Einrichtungen bzw. zum  besseren Umgang mit Krisen zu analysieren und die Angebots- und Kooperationsstruktur zu verbessern. Dabei wurden Handlungsansätze und Rahmenbedingungen in Jugendämtern und Einrichtungen identifiziert und die Ergebnisse
(z. B. temporäre Veränderungen der Betreuungssettings, Hinzunahme von externen Fachkräften/Kompetenzen in Krisensituationen, vorübergehende Betreuung in einer anderen Einrichtung/Gruppe oder in Individualsettings) in einem Leitfaden zusammengefasst.[34]

Es gibt verschiedene Träger, die ein flexibles, ambulantes Betreuungsangebot unterbreiten, das individuell an der Lebenswelt der betroffenen Kinder, Jugendlichen und Familien ausrichtetet ist, wie z. B. die Plan A gGmbH in Delmenhorst. Unter Berücksichtigung der Biografie und des Lebensentwurfes der Hilfe-Adressatinnen und -adressaten werden insbesondere Angebote aus der individuellen Lebenswelt genutzt. Nur wenn diese nicht zu greifen drohen oder in extremen Problemlagen, wird auf Kooperationen außerhalb der Lebenswelt der Betroffenen zurückgegriffen. Maßnahmebezogene Kooperationen mit allen für den individuellen Fall relevanten Institutionen und Personen (z. B. Schule, Verwandte, Beratungsstellen), fallübergreifende Kooperationen sowie Trägerkooperationen werden als wesentlicher Baustein der pädagogischen Arbeit begriffen.[35]

Eine erfolgreiche Arbeit konstatieren wissenschaftliche Evaluationen in den USA, Schweden und Großbritannien mit dem Ansatz MTFC – Multi Treatment Foster Care mit delinquenten Jugendlichen.[36] Es handelt sich dabei um eine multimodale Intervention: Unterbringung der Jugendlichen in speziellen Pflegefamilien, die mit einer höchst differenzierten professionellen Infrastruktur, wie bspw. 24-Stunden-Ansprechbarkeit von Therapeutinnen und Therapeuten, unterstützt werden – speziell ausgerichtet auf Kinder und Jugendliche mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten, in Großbritannien und Schweden auf Heranwachsende, die durch Delinquenz auffällig wurden.

Was die Kinder- und Jugendhilfe hierfür von Politik und Gesellschaft braucht

Die Kinder- und Jugendhilfe steht vor der Herausforderung, dass sie die rechtliche „Letzt-Verantwortung“ für Minderjährige nicht abgeben kann und dies auch nicht will. Es ist aber wichtig, dass sich die öffentliche Wahrnehmung und Diskussion entscheidend verändert, die bei jedem „gescheiterten Fall“ nach einem Schuldigen sucht und eine ungute Form der Politisierung nach sich zieht. Was wir brauchen, ist eine öffentliche und politische Diskussion über eine bessere, kind- und jugendgerechtere Kinder- und Jugendhilfe im Bewusstsein, dass in der Pädagogik nicht mehr Erfolgsgarantien gegeben werden können, als in allen anderen Politikfeldern.[37]

Ziel muss es sein, dass die Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen mit besonders gravierenden Problemen in jedem Fall zu vermeiden ist vor dem Hintergrund, dass einfache Lösungen passend für deren Bedarfe nicht schnell zu haben sind. Aus der Sicht der Kinder- und Jugendhilfe brauchen junge Menschen mit schwierigen Fallverläufen keine „harte Hand“, vielmehr benötigt wirkungsvolle Arbeit mit diesen eine Haltekultur. Deshalb sind Regelstrukturen so auszustatten, dass auch ein Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Krisen- oder Konfliktsituationen möglich bleibt. Innerhalb des Systems Kinder- und Jugendhilfe sind Krisenkonzepte hilfreich, die auch entsprechend zwischen der öffentlichen und freien Jugendhilfe verhandelt werden müssen.

Es ist offensichtlich, dass die beschriebenen Arbeitsweisen ohne entsprechende Ressourcen nicht möglich sind. Neben einer entsprechenden Haltung der Fachkräfte, wird entsprechend Zeit und Personal benötigt, die aber jede geschlossene Einrichtung ebenfalls in hohem Maß in Anspruch nimmt, wenn man bspw. den Vorschlägen von Permien[38] für ein solches Setting folgt, welches außerdem äußerst kostspielige räumliche Voraussetzungen hat. Aus Sicht der AGJ ist es höchst bedenklich, wenn in der Praxis versucht wird, grundlegende strukturelle Rahmenbedingungen von Hilfen durch die Entwicklung von „Spezialkonzepten“ zu verbessern. Wenn teilweise in der Praxis die Grundausstattung aber so minimal ausgestaltet ist, dass sie nicht tragen kann, wenn besondere Bedarfe/Krisen auftreten, führt dies zur Ausgrenzung und zur Verschiebung in Spezialangebote. Zudem bergen Spezialisierungen, die nicht aus besonderen Hilfebedarfen begründet sind, die altbekannte Problematik von Stigmatisierungen der Betroffenen.

Im 14. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung wird u. a. darauf hingewiesen, dass fiskalische Motive, wie steuerliche Einsparungsgründe, als auch unterschiedliche Wahrnehmungs- und Beurteilungsmuster der Fachkräfte eine restriktive Gewährleistungspraxis von Volljährigenhilfen zur Folge haben, es an einer fachlich-konzeptionellen Rahmung in Anbetracht der spezifischen Entwicklungsaufgaben dieser Altersgruppe fehle und bestehende Schnittstellen zu anderen Sozialleistungen problemverstärkend wirken. Die AGJ fordert insbesondere für junge Menschen, die einen Teil ihres Lebens in öffentlicher Erziehung verbracht haben und sich nach Beendigung der Hilfe am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden (sog. Care Leaver) weitergehende, begleitende Beratungs- und Unterstützungsangebote, u. a. eine Begleitung bei der Ausgestaltung der Übergänge in andere Hilfesysteme[39]. Diese Lotsenfunktion könnten die Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernehmen. Zudem sind unabhängige Ombuds- und Beschwerdestellen vonnöten, um junge Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.[40]

3. Was sinnvolle Kooperation mit anderen Systemen braucht

Es liegt in der Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch der anderen Systeme (z. B. Kinder- und Jugendpsychiatrie, Schule, Justiz und Polizei) sich um die Schaffung verlässlicher Kooperationspartnerschaften im Sozialraum zu bemühen, damit in Krisensituationen adäquat reagiert werden kann. Ziel muss es sein, „Verschiebebahnhöfe“ abzuschaffen. Viel zu oft werden die jungen Menschen mit komplexen Problemlagen noch wie „heiße Kartoffeln“ hin- und hergeschoben.[41] Dieser Baustein von Qualitätsentwicklung braucht Zeit. Sinnvoll ist es, dabei die Ebenen zu klären, auf denen die Kooperationen angebahnt und gelebt werden. Es ist die Aufgabe der Leitungsebene, Organisationsstrukturen zu schaffen und die Kommunikation mit anderen Systemen vorzubereiten und konzeptionell zu erarbeiten, damit die Arbeitsebene sich auf die konkreten Erfordernisse des Einzelfalls konzentrieren und auf die Kooperationsstruktur zurückgreifen kann.

Es ist Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe gemeinsam mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie, auf Basis eines entwickelten gegenseitigen Aufgaben-verständnisses, verlässliche Rahmenbedingungen und konkrete Kooperationsvereinbarungen sowie integrierte Hilfeansätze (z. B. ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrische Unterstützung im Einzelfällen während einer stationären Betreuung in der Kinder- und Jugendhilfe) zu entwickeln und dass schwierige Fälle nicht gegenseitig ‚abgeschichtet‘ werden. In der Praxis gibt es Beispiele für entsprechende Vereinbarungen.[42]

Nichtsdestotrotz hält es die AGJ für dringend notwendig, dass auch akzeptiert wird, dass die Kinder- und Jugendhilfe nicht jede Aufgabe annehmen kann, die ihr aus Sicht der Kooperationspartner zukommt.[43] Obwohl z. B. außer Frage steht, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie eine wichtige Schnittstelle zur Kinder- und Jugendhilfe hat – sie insbesondere im Zusammenhang mit den Kindern und Jugendlichen mit komplexem ressortübergreifendem Hilfebedarf ein wichtiger Partner ist – sind Forderungen mit denen Jugendämter zum Teil konfrontiert werden, in Anschluss einer kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung eine Freiheitsentziehende Maßnahmen in einer geschlossene Jugendhilfemaßnahme anzubieten, so nicht per se zu folgen. Jedenfalls darf die Problematik, dass eine freiheitsentziehende Unterbringung längerer Dauer in der Kinder- und Jugendpsychiatrie nur selten möglich ist, nicht automatisch zu einer Aufgabenzuweisung an die Kinder- und Jugendhilfe führen. Diese muss – auch und gerade in der Diskussion über die passende Hilfe im Einzelfall – deutlich machen, welchen Auftrag sie selbst hat und welchen sie, im Unterschied dazu, wiederum bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie sieht. Es bedarf eines Dialogs und eines Verständnisses dafür, mit welchem Methodenkanon die jeweiligen Systeme arbeiten. Gerade an der Schnittstelle zur Kinder- und Jugendpsychiatrie braucht es die Entwicklung gemeinsamer Konzepte und Ressourcen zur Umsetzung dieser, um Beziehungskontinuität zu ermöglichen (z. B. Zugangswege, individuelle Wiederaufnahmekonzepte bei Rückkehr nach Klinikaufenthalten, ambulante Begleitung der jungen Menschen durch vertraute Fachkräfte des jeweils anderen Systems parallel zur stationären Unterbringung im anderen System).

Die AGJ appelliert an alle Kooperationspartner verantwortungsvoll mitzuwirken. Im Hinblick auf eine zu beobachtende Praxis von Familiengerichten, hält sie den Hinweis für geboten, dass im Eilverfahren erlassene, zeitlich ausgedehnte § 1631b BGB-Genehmigungen, die zudem „nach Bedarf“ ohne erneute Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Freiheitsentziehende Maßnahme herangezogen werden können, gegen die Grundrechte der Kinder und Jugendlichen (Art. 2 Abs. 1, 103 Abs. 1, 104 Abs. 2 GG) verstoßen und Machtmissbrauch geradezu provozieren.

Ebenso, wie die bereits hier erhobene Forderung nach einer fachlich auskömmlichen Grundausstattung in der Kinder- und Jugendhilfe, ist selbige Forderung auch von Seiten der Kooperationssysteme gerechtfertigt: Kinder- und Jugendpsychiatrie, Justiz aber auch Schule können nur bei entsprechender Ausstattung individuell-bedarfsorientiert und sozialräumlich vernetzt agieren. Für die Ermöglichung wirkungsvoller Kooperation während einer konkreten Hilfeleistung, die die bedarfsgerechte, systemübergreifende Erweiterungen der Hilfe erlaubt, braucht es darüber hinaus eine sichere Grundlage für die Finanzierung von übergreifenden Konzepten im Sinne von Teilungsabkommen für integrative Hilfen.

4. Kostengesichtspunkte

Die AGJ ist der Auffassung, dass die Weiterentwicklung der bestehenden Angebote und Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung sowie der Vernetzungs- und Kooperationsverfahren der weiteren Spezialisierung und Entwicklung von Intensiv- und Sonderformen sowohl unter fachlichen Gesichtspunkten als auch unter Kostengesichtspunkten vorzuziehen und die anzuratende Handlungsstrategie ist.

Die Untersuchungen von Tornow/Ziegler[44] zu den Bedingungen und Wirkungen von Abbrüchen in stationären Eirichtungen haben exemplarisch aufgezeigt, dass Abbrüche neben den für den jungen Menschen damit verbundenen unheilvollen Beziehungsabbrüchen auch immer immense Kostenfaktoren sind, sowohl was die Kosten im Einzelfall und die hohen Steuerungskosten als auch was die Folgekosten für weitere Hilfen angeht.

Es muss im Interesse der öffentlichen und freien Jugendhilfe liegen, die Angebote und Einrichtungen grundsätzlich so auszustatten, dass sie in der Lage sind, die Risiken für Abbrüche mit pädagogischen Mitteln zu senken, aufeinander bezogene präventiv ausgerichtete Angebote und Module für spezifische Bedarfe zu entwickeln und diese kooperativ zu vereinbaren. Unter den Gesichtspunkten von Wirksamkeit und Nachhaltigkeit stellen die mit einer bedarfsgerechteren Grundausstattung und einer weiteren Qualifizierung/-strukturellen Vernetzung der Hilfen zur Erziehung verbundenen Kosten einen effektiveren und effizienteren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen dar, als der weitere Ausbau von Sonderformen oder GU.

Abschließend wird anzuerkennen sein, dass es auch bei noch so großen Bemühungen von allen Seiten zu Einzelfällen kommen mag, in denen auch jedes noch so gute kooperierende und wirkreiche Hilfesystem keine Antworten und Angebote mehr findet und hilflos bleibt. Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe mit biographisch schwer belasteten Heranwachsenden ist und bleibt Handeln mit Risiko – und erfordert häufig eine enorm hohe Frustrationstoleranz aller beteiligten Fachdienste.

Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Berlin, 17./18. September 2015     

 

[1] Hiermit gemeint sind stationäre Maßnahmen, die auf Grundlage des § 34 SGB VIII in der Kinder- und Jugendhilfe erbracht werden, wobei die Unterbringung nach Einholung der gem. § 1631b BGB erforderlichen familiengerichtlicher Genehmigung mit Freiheitsentziehung verbunden ist. Zu Freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe innerhalb des gem. § 42 Abs. 5 SGB VIII gesetzten engen Rahmens einer Inobhutnahme soll hier nicht Stellung genommen werden.
[2] Vgl. AGJ-Empfehlungen „'Junge Menschen an der Schnittstelle von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Kinder- und Jugendhilfe.' Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ zur Entwicklung gemeinsamer Eckpunkte der Zusammenarbeit beider Systeme, September 2015. Online in Internet: URL: https://www.agj.de/
[3] Bundesjugendkuratorium (Hg.) (1982): Erziehung in geschlossenen Heimen, München, S. 96.
[4] Schrapper, Christian (2014): Was tun mit den „schwierigen“ Kindern – Heimerziehung vor neuen Herausforderungen oder der letzte Versuch, In: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (Hg.): Macht und Machtmissbrauch in der Heimerziehung?, Dokumentation 7. und 8. Juli 2014. Online in Internet: URL: http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.379885.de  (Stand 18.05.2015)
[5] Vgl. Hekele, Kurt (2014): Sich am Jugendlichen orientieren: Ein Handlungsmodell für subjektorientierte Soziale Arbeit, 2. Aufl., Weinheim. Das Konzept "sich am Jugendlichen orientieren", ist in den 1980er Jahren, aus der kritischen Auseinandersetzung mit der damaligen Heimerziehung, entstanden. Auslöser waren insbesondere die Bewertungen und oftmals stigmatisierenden Äußerungen über Kinder und Jugendliche in psychosozialen Diagnosen, Entwicklungsberichten und fachlichen Stellungnahmen.
[6] Wolf, Klaus (Hg.) (2000): Entwicklungen in der Heimerziehung, 3. Aufl., Münster, S. 70.
[7] Vgl. Deutscher Bundestag (1990): Achter Jugendbericht. Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe, Bonn; Deutscher Bundestag (1994): Neunter Jugendbericht. Bericht über die Situation der Kinder und Jugendlichen und die Entwicklung der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern, Berlin.
[8] Deutscher Bundestag (1990): Achter Jugendbericht. Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe, Bonn, S. 152f.
[9] Vgl. Deutscher Bundestag (1990): Achter Jugendbericht. Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe, Bonn,  S. 152; Deutscher Bundestag (1994): Neunter Jugendbericht. Bericht über die Situation der  Kinder und Jugendlichen und die Entwicklung der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern, Berlin. S. 542.
[10] Deutscher Bundestag (2002): Elfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, Berlin, S. 240.
[11] Vgl. Deutscher Bundestag (2013): Vierzehnter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, Berlin.
[12] Zu Forderungen aus der Politik vgl. z. B. zur Debatte um eine geschlossene Unterbringung straffälliger jugendlicher Flüchtlinge in Bremen. Online in Internet: URL: http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_artikel,-Auch-CDU-ist-fuer-geschlossene-Unterbringung-_arid,1047720.html; http://www.focus.de/regional/bremen/fluechtlinge-boehrnsen-geschlossene-unterbringung-fuer-junge-fluechtlinge_id_4450042.html; http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_artikel,-Geplante-geschlossene-Unterbringung-verzoegert-sich-_arid,1116598.html (Stand 13.05.2015).; vgl. zu Forderungen aus Nachbardisziplinen der Sozialen Arbeit: DGKJP, BAG KJPP, BKJPP: Gemeinsame Stellungnahme der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und der Fachverbände vom 23.10.2014. Online in Internet: URL: http://www.dgkjp.de/images/files/stellungnahmen/2014/gemeinsame%20Stellungnahme%20Freiheitsentziehende%20Manahmen%20in%20Jugendhilfeeinrichtungen_final%20mit%20Unterschriften2014-10-23.pdf (Stand 13.05.2015); vgl. hierzu auch die kritische Stellungnahme der IGfH: Kooperation ja, aber nicht so! vom 23.03.2015. Online in Internet: URL: http://www.igfh.de/cms/sites/default/files/Stellungnahme%20zur%20Psychiatrie_GU_2015_23.03.pdf (Stand 13.05.2015).
[13] Allein zwischen 2005 und 2010 sind 17 neue Einrichtungen hinzugekommen, die Freiheitsentziehende Maßnahmen für junge Menschen anbieten. 2011 kamen weitere Plätze hinzu. Insgesamt standen zwischenzeitlich 368 und mehr Plätze zur Verfügung, hiervon 159 Plätze für männliche, 107 für weibliche Kinder und Jugendliche sowie 102 gemischtgeschlechtlich Plätze - vgl. Permien, Hanna (2012): Geschlossene Unterbringung – Wieder im Kommen?. Fachvortrag zur Geschlossenen Unterbringung auf der Fachtagung: „Geschlossene Unterbringung in der Kinder- und Jugendhilfe - Befunde und Forschungsperspektiven zu einem strittigen Modell am Beispiel der GITW Lohne“ am 23.03.2012 an der Universität Vechta. Online In Internet: URL: http://www.uni-vechta.de/fileadmin/user_upload/documents/ISBS/Soziale_Arbeit/Dokumente/Fachvortrag_Permien_23.03.2012.pdf (Stand 13.05.2015).
[14] Vgl. Bericht und Empfehlungen der unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Einrichtungen der Haasenburg GmbH, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (Hrsg.) Potsdam 2013; zur Aufarbeitung der Geschichte zudem: Runden Tisch „Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“, Abschlussbericht, Berlin 2010. Online in Internet: URL: http://www.rundertisch-heimerziehung.de/documents/RTH_Abschlussbericht.pdf (Stand 13.05.2015) und Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“, Abschlussbericht, Berlin 2011. Online in Internet: URL:  http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationsliste,did=195970.html (Stand 13.05.2015).
[15] Vgl. Zimbardo, Philip G. (2005): Psychologie der Gefangenschaft – Deprivation, Macht und Pathologie. In: S. Neubacher, Frank/Walter, Michael (Hg.) (2005): Sozialpsychologische Experimente in der Kriminologie. Münster: Lit Verlag, S. 69 – 92: Zimbardo et. al. untersuchten die Auswirkungen einer simulierten Gefängnissituation auf studentische Versuchspersonen, denen zufällig die Rolle eines Wärters oder Häftlings zugeteilt wurde. Schon nach kurzer Zeit kam es zu schikanösem Verhalten der Wärter und zu psychischen Störungen bei den Häftlingen. Die Verhaltensweisen waren nicht durch Persönlichkeitsmerkmale erklärbar, sondern wurden durch die spezifische Situation ausgelöst. Rosenhan, David L. (2005): Gesund in kranker Umgebung. In: Neubacher, Frank/ Walter, Michael (Hg.) (2005): Sozialpsychologische Experimente in der Kriminologie. Münster: Lit Verlag,  S. 103 – 126. In eine ähnliche Richtung weisen auch die Ergebnisse des Experiments von Rosenhan, der acht gesunde Personen (Scheinpatienten) in verschiedene psychiatrische Krankenhäuser mit der Vorgabe von Halluzinationen einschleusen ließ. Einmal mit einer psychiatrischen Diagnose versehen, galten alle auch weiterhin als krank, obwohl sie sich völlig normal verhielten. Selbst in renommierten Fachkliniken war das Personal nicht in der Lage, die Normalität der Scheinpatienten zu erkennen, d. h. zwischen gesund und krank zu unterscheiden (ausgenommen die Mitpatienten). Normales Verhalten wurde als krankhaft i.S. einer Schizophrenie interpretiert.
[16] Vgl. Prinz, Jesse J. (2007): The emotional construction of morals. Oxford: Oxford University Press: Unter welchen Umständen haben Strukturen Einfluss auf das Verhalten im Verhältnis zu Persönlichkeitsmerkmalen, S. 156.
[17] Vgl. Permien, Hanna (2014): Freiheitsentziehende Maßnahmen – gibt es für sie ein optimales Setting? In: Ev. Jugendhilfe 4/2014, S. 236-244.
[18] Vgl. Kindler, Heinz (2011): Perspektivklärung und Vermeidung von Abbrüchen. In: Kindler, Heinz/Helming, Elisabeth/Meysen, Thomas/Jurczyk, Karin (Hg) (2011): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: DJI, S. 344 ff.
[19] Vgl. Ungar, Michael/Liebenberg, Linda/Dudding, Peter/Armstrong,Mary/ Vijver, Fons J.R. van de (2013): Patterns of Service Use, Individual and Contextual Risk Factors, and Resilience among Adolescents Using Multiple Psychosocial Services. Child Abuse & Neglect 37, no. 2–3 (February 2013): 150–59. doi:10.1016/j.chiabu.2012.05.007;  Sanders, Jackie/Munford, Robyn/Thimasarn-Anwar,Tewaporn/Liebenberg, Linda/Ungar, Michael (2015): “The Role of Positive Youth Development Practices in Building Resilience and Enhancing Wellbeing for at-Risk Youth.” Child Abuse & Neglect 42 (April 2015): pp. 40–53. doi:10.1016/j.chiabu.2015.02.006.
[20] Vgl. Tornow, Harald: "Ursachen und Rahmenbedingungen stationärer Abbrüche in der Langzeitstudie ABiE". In: EREV-Schriftenreihe 8-2014. Abbrüche in stationären Erziehungshilfen (ABiE). Praxisforschungs- und Praxisentwicklungsprojekt. SchöneworthVerlag: Hannover, 2014.
[21] Vgl. Tornow, Harald/Ziegler, Holger/Sewing, Julia (2012): Abbrüche in stationären Erziehungshilfen. Analysen und Empfehlungen. EREV Schriftenreihe, Jg. 53, Heft 2/2012. Online in Internet: URL: http://www.els-institut.de/tl_files/Bilder/WIMES%20Publikationen/2012%203%20SR%20EREV%20Ergebnisse%20ABIE%20Tornow%20Ziegler.pdf  (Stand 18.05.2015).
[22] Vgl. Bastiaanssen, Inge L.W./Delsing, Marc J.M.H./Kroes, Gert/Engels, Rutger C.M.E./Veerman, Jan W. (2014): Group Care Worker Interventions and Child Problem Behavior in Residential Youth Care: Course and Bidirectional Associations. Children and Youth Services Review 39, April 2014, p. 48-56.
[23] „Wenn es gelingt, diese auf administrativer, fachlicher und emotionaler Ebene derart zu unterstützen, dass sie erleben, dass sie das Verhalten der Kinder und Jugendlichen verstehen und beeinflussen können und sich in ihrer Belastung und Arbeitsleistung gesehen und wertgeschätzt fühlen, können oft auch schwierigste Belastungssituationen getragen werden. Interessanterweise profitieren die Mitarbeiter von derselben sensiblen und wertschätzenden Haltung wie die Kinder und Jugendlichen.“ Schmid, Marc/ Dölitzsch, Claudia/ Pérez, Tania/ Jenkel, Nils/ Schmeck, Klaus/ Kölch, Michael/ Fegert, Jörg M. (2014): Welche Faktoren beeinflussen Abbrüche in der Heimerziehung – welche Bedeutung haben limitierte prosoziale Fertigkeiten? In: Kindheit und Entwicklung, 23 (3), S. 161 – 173, Zitat S. 173 m.w.N.. Online in Internet: URL: http://www.adhs-studien.info/docs/welche-faktoren-beeinflussen-abbruche-in-der-heimerziehungwelche-bedeutung-haben-limitierte-prosoziale-fertigkeiten.pdf  (Stand 18.05.2015).
[24] Eine aktuelle britische explorative Studie mit Heranwachsenden, die eine Geschichte des Weglaufens aus stationären Einrichtungen haben, unterstreicht die Bedeutung, die das „Gehört-Werden“ für die Heranwachsenden hat; siehe: Taylor, Julie/Bradbury-Jones, Caroline/Hunter, Helen/Sanford, Kate/Rahilly, Tom/Nayla, Ibrahim (2014): Young People’s Experiences of Going Missing From Care: A Qualitative Investigation Using Peer Researchers: Missing from Care. Child Abuse Review 23, no. 6 (November 2014): 387–401. doi:10.1002/car.2297.
[25] Tornow, Harald (2014): Ursachen und Rahmenbedingungen stationärer Abbrüche in der Langzeitstudie ABiE". In: EREV-Schriftenreihe 8-2014. Abbrüche in stationären Erziehungshilfen (ABiE). Praxisforschungs- und Praxisentwicklungsprojekt. SchöneworthVerlag: Hannover, 2014, S. 34. Online in Internet: URL: http://www.els-institut.de/index.php/WIMES_Publikationen.html  (Stand: 18.05.2015).
[26] Vgl. AGJ-Diskussionspapier „Ombudschaften, Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in Einrichtungen und Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe“, Juni 2013. Online in Internet: URL: http://web31.server1.hostingforyou.de/fileadmin/files/positionen/2012/Ombudschaften.pdf
[27] Kostenlos downloadbare Materialien zum Projekt finden sich online im Internet: URL: http://www.childcentre.info/audtrain / (Stand: 18.05.2015).
[28] Vgl. Urban-Stahl, Ulrike/Jann, Nina/Bochert, Susan (2013): Beschweren erlaubt! 10 Empfehlungen zur Implementierung von Beschwerdeverfahren in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.  Handreichung aus dem Forschungsprojekt „Bedingungen der Implementierung von Beschwerdeverfahren in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (BIBEK)“. Berlin: FU
[29] Vgl. Homepage der DGfPI: URL: http://www.dgfpi.de/kultur-des-miteinanders.html  (Stand: 18.05.2015).
[30] Siehe hierzu z. B.: Das „Ampel-Plakat“: Mit den betreuten Kindern und Jugendlichen wird intensiv darüber diskutiert, was Erzieher_innen dürfen („Grün“), was Graubereich ist („gelb“), was sie nicht dürfen („rot“), vgl. dazu Hochdorf -Evang. Jugendhilfe im Kreis Ludwigsburg e.V. (2014): „Damit es nicht nochmal passiert…“ Gewalt und (Macht-)Missbrauch in der Jugendhilfe verhindern. Ludwigsburg: Hochdorf – Ev. Jugendhilfe.
[31] Vgl. Hansbauer, Peter/Hensen, Gregor/Müller, Katja/von Spiegel, Hiltrud (2009): Familiengruppenkonferenz. Eine Einführung. Weinheim & München: Juventa Verlag.
[32] So hat die Kommission zur Überprüfung der Umsetzung der UN Kinderrechtskonvention in ihrem Bericht 2014 kritisiert, dass in Deutschland nach wie vor der Begriff „Kindeswohl“ verwendet wird statt des Begriffs „best interest“ des Kindes/Jugendlichen, was eher eine Perspektive des Kindes/Jugendlichen selbst beinhaltet.  
[33] Vgl. Diskussionspapier „Kernaufgaben und Ausstattung des ASD – Ein Beitrag zur fachlichen Ausrichtung und zur Personalbemessungsdebatte“, Feb. 2014. Online in Internet: URL: http://web31.server1.hostingforyou.de/fileadmin/files/positionen/2012/AGJ-Diskussionspapier_ASD__2_.pdf  (Stand: 18.05.2015).
[34] Die Ergebnisse des Diskurses „Bündnis für die Schwierigen“ werden in Kürze auf der Hompage der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft http://www.berlin.de/sen/bjw/  veröffentlicht. (Stand: 13.05.2015)
[35] Online in Internet: URL:  http://www.plan-a-ggmbh.de/  (Stand: 19.05.2015).
[36] Vgl. Biehal, Nina/Ellison, Sarah/Sinclair, Ian (2011): “Intensive Fostering: An Independent Evaluation of MTFC in an English Setting.” Children and Youth Services Review 33, no. 10 (October 2011): 2043–49. doi:10.1016/j.childyouth.2011.05.033; Hansson, Kjell/Olsson, Martin (2012): “Effects of Multidimensional Treatment Foster Care (MTFC): Results from a RCT Study in Sweden.” Children and Youth Services Review 34, no. 9 (September 2012): 1929–36. doi:10.1016/j.childyouth.2012.06.008; Vgl. dazu auch: Helming, Elisabeth/ Bovenschen, Ina/ Spangler, Gottfried (2011): Multimodale und  multidisziplinäre Unterstützung im Verlauf eines Pflegeverhältnisses: »Multi Treatment Foster Care« (MTFC)12 und »Early Intervention Treatment Foster Care«(EIFC). In: Kindler, Heinz/ Helming, Elisabeth/ Meysen, Thomas/ Jurczyk, Karin (Hg.) (2011): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: DJI, S. 456-460.
[37] Vgl. Hammer, Wolfgang (2015): Für das Recht in Freiheit erzogen zu werden – Nein zur geschlossenen Unterbringung! (unveröffentlichtes Manuskript): Expertenanhörung zur Geschlossenen Unterbringung (GU) des Jugendhilfeausschusses Hamburg Altona. Hamburg.
[38] Vgl. Permien, Hanna (2012): Geschlossene Unterbringung – Wieder im Kommen?. Fachvortrag zur
Geschlossenen Unterbringung auf der Fachtagung: „Geschlossene Unterbringung in der Kinder- und Jugendhilfe – Befunde und Forschungsperspektiven zu einem strittigen Modell am Beispiel der GITW Lohne“ am 23.03.2012 an der Universität Vechta. Online in Internet: URL: www.uni-vechta.de/fileadmin/user_upload/Vorlage Freiheitsentziehende Maßnahmen.docxdocuments/ISBS/Soziale_Arbeit/Dokumente/Fachvortrag_Permien_23.03.2012.pdf (Stand 18.05.2015).
[39] Vgl. AGJ-Diskussionspapier „Junge Volljährige nach der stationären Hilfe zur Erziehung. Leaving Care als eine dringende fach- und sozialpolitische Herausforderung in Deutschland“, September 2014. Online in Internet: URL: https://www.agj.de/fileadmin/files/publikationen/Care_Leaver.pdf
[40] Vgl. AGJ-Diskussionspapier „Ombudschaften, Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in Einrichtungen und Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe“, Juni 2013. Online in Internet: URL: http://web31.server1.hostingforyou.de/fileadmin/files/positionen/2012/Ombudschaften.pdf
[41] Auf dieses Problem wiesen bereits Christian von Wolffersdorff, Vera Sprau-Kuhlen und Joachim Kersten in ihrer Studie zur geschlossenen Unterbringung hin: „Vor der Einweisung in die geschlossene Unterbringung haben die Jugendlichen in der Regel bereits eine Karriere ‚gescheiterter‘ Unterbringungsversuche durchlaufen.[…] Erst dieses Scheitern macht sie zu Anwärtern geschlossener Unterbringung – und immer ist es ihr Scheitern, nicht das der Institution, auf das sich die öffentliche Aufmerksamkeit richtet.[ …] In der Hoffnung auf einen ‚neuen Anfang‘ wird der Jugendliche in eine anderes Heim verlegt, sei es um noch einmal sein Problem ‚abzuklären‘, ein anderes Betreuungssetting zu texten oder auch nur um zu signalisieren: Wir sind mit unserem Latein am Ende […] Auch aufwendige Ausstattung und hohe Personaldichte können nichts daran ändern, dass man dort an neue Grenzen stößt; Grenzen, die sich zum Teil aus dem Verlegungsvorgang selbst ergeben und mit der unterschwelligen Botschaft zusammenhängen, die der Jugendliche durch ihn erfährt: Wenn es diesmal nicht klappt, dann können wir auch nichts mehr für Dich tun.“ von Wolffersdorff, Christian/Sprau-Kuhlen, Vera/Kersten, Joachim (1996, 2. Auflage): Geschlossene Unterbringung in Heimen – Kapitulation der Jugendhilfe? München: DJI-Verlag, S. 359f., S.361.
[42] Vgl. Kooperation von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie, Berlin. Online in Internet: URL: https://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-jugend/jugendhilfeleistungen/hilfen_zur_erziehung/kooperation_psychiatrie_jugendhilfe_schule.pdf?start&ts=1401977231&file=kooperation_psychiatrie_jugendhilfe_schule.pdf  (Stand 19.05.2015).
Borstel, Beate/Willner, Hans (2014): Die Rolle der Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie im Kinderschutz – ein Bericht aus der Praxis. In: IzKK-Nachrichten, Heft 1 2013/2014, S. 30 – 33. Ein Fallbeispiel aus der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychotherapie des St. Joseph Krankenhauses in Berlin. Online in Internet: URL: http://www.dji.de/fileadmin/user_upload/izkk/IzKK-Nachrichten-2013-2014_INTERAKTIV.pdf
[43] Vgl. hierzu IGfH (2015).: Kooperation ja – aber nicht so! Online in Internet: URL:  www.igfh/stellungnahmen (Stand 13.05.2015)
[44] Vgl. Tornow, Harald / Ziegler, Holger /Sewig, Julia (2012): Praxisforschungs- und Praxisentwicklungsprojekt (Analysen und Empfehlungen), In: EREV Schriftenreihe 03/2012.