Junge Kinder in der stationären Erziehungshilfe – aktuelle Herausforderungen und Handlungsbedarfe 
für die Kinder- und Jugendhilfe

Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ[1]

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Abstract

Berichte aus der Praxis der stationären Erziehungshilfe als auch der aktuelle Fachdiskurs verdeutlichen, dass eine adäquate Unterbringung von jungen Kindern in Angeboten der stationären Erziehungshilfe weiterhin mit erheblichen Herausforderungen verbunden ist.[2]

Die AGJ versteht es als eine zentrale Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, jungen Kindern[3] die für ihre Entwicklung und persönliche Entfaltung förderlichen Lebensbedingungen zu ermöglichen, sie vor Gefahren zu schützen sowie deren Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken. Im Fokus des vorliegenden Papieres stehen die besonderen alters- und entwicklungsspezifischen (Schutz-)Bedürfnisse junger Kinder, aus denen u. a. grundlegende Anforderungen an die Qualifizierung der beteiligten Fachkräfte sowie an die Gestaltung der Hilfeplanprozesse und an die stationären Betreuungssettings abgeleitet werden. 

Es wird veranschaulicht, dass das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) Potenziale für positive Weiterentwicklungen in der Praxis birgt, z. B. im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Herkunftseltern. Das Papier benennt aktuelle fachliche, strukturelle und rechtliche Herausforderungen zum Thema und zeigt damit verbundene Handlungsbedarfe auf. Daraus folgend werden perspektivische Umsetzungsempfehlungen ausgesprochen, die sich an die entsprechenden Akteur*innen in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen richten. 

Die AGJ sieht die Kinder- und Jugendhilfe, Kommunen, Politik als auch die rechtskreisübergreifenden Ressorts (z. B. Bundesministerium für Arbeit und Soziales) gemeinsam in der Verantwortung, die (Weiter)Entwicklung von Klärungs- und Entscheidungsprozessen und der Angebotsstruktur vor Ort für junge Kinder (und deren Familien) zu fördern und die dafür nötigen Voraussetzungen zu schaffen.

Inhalt

1. Ausgangslage: steigende Unterbringungsanfragen bei unzureichender Versorgungsstruktur 
2. Entwicklungsspezifische Anforderungen junger Kinder 
    2.1. Anforderungen an die Unterbringung junger Kinder in der stationären Erziehungshilfe  
    2.2. Anforderungen an die Hilfeplanung mit Blick auf den Perspektivklärungsprozess 
3. Besondere Herausforderungen mit Blick auf die Unterbringung von jungen Kindern 
    3.1. Herausforderungen für die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe 
    3.2. Rechtliche Rahmenbedingungen als Hürde: Das Arbeitszeitgesetz und der Mindestlohn  
    3.3. Die Dauer der familiengerichtlichen Verfahren    
    3.4. Junge Kinder mit Behinderung in stationärer Unterbringung    
    3.5. Anforderungen an den Schutz junger Kinder in stationären Hilfen zur Erziehung   
4. Empfehlungen für eine Weiterentwicklung   

1. Ausgangslage: steigende Unterbringungsanfragen bei unzureichender Versorgungsstruktur

Folgende Fakten zu Beginn:

  • Zurzeit sind bundesweit ca. 20.000 Kinder im Alter von 0-6 Jahren in Pflegefamilien und in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht, davon fast 60% in Vollzeitpflege, 
  • Zwischen 2018 und 2019 gibt es einen vergleichsweise hohen Zuwachs von 
  • 0-6jährigen Kindern aus Familien mit Transferleistungsbezug (11,1%) und aus Familien mit Migrationsgeschichte, die Zuhause nicht deutsch sprechen (17,4%).[4] Eine Entwicklung, die sich auch für 2020 abzeichnet, 
  • Seit Jahren zeigt sich ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Kinder und der Verweildauer in einer vorläufigen Schutzmaßnahme: Je jünger das Kind ist, desto länger dauert im Durchschnitt die Inobhutnahme an.[5] In 2017/2018 betrug die Verweildauer bei 1/3 der Kleinkinder länger als zwei Monate. 60% der 0-3jährigen und 52% der 3-6jährigen Kinder kehrten danach nicht mehr an ihren früheren Lebensort zurück, 
  • Zwischen 2015 und 2018 sind die fortwährenden Unterbringungen von jungen Kindern in stationären Angeboten der Erziehungshilfe gem. § 34 SGB VIII mit 16% stärker gestiegen als die Unterbringungen in Pflegefamilien (+4%).[6] 

Im Verhältnis zu anderen Altersgruppen ist die Anzahl der jüngeren Kinder in Angeboten der stationären Erziehung nach wie vor verhältnismäßig gering. Sie stellen mit ihren Anforderungen an Bindung, Pflege und Versorgung eine besondere Herausforderung dar. Insbesondere im großstädtischen Raum scheint sich zwischen der steigenden Nachfrage durch die Jugendämter und den bestehenden Unterbringungsoptionen in Pflegefamilien eine Lücke aufzutun.[7] Die Akquise von Pflegeeltern und sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften ist schwierig und wird durch die Zunahme komplexer und herausfordernder Förderbedarfe auch bei jungen Kindern nochmals erschwert. Ohne passgenaue Unterbringungssettings kann es zu wiederholten Wechseln zwischen Pflegefamilien und stationären Unterbringungen kommen. Personalengpässe, aber auch die engen Vorgaben z. B. des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) stehen den besonderen entwicklungspsychologischen Bedürfnissen junger Kinder entgegen und blockieren familienanaloge Hilfesettings in stationären Einrichtungen. Durch eine oftmals unzureichende Versorgungsstruktur können wohnortnahe Unterbringungsangebote häufig nicht realisiert werden, was u. a. ein Halten der Bindungen zur Familie, die Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. dem Familiensystem erheblich erschwert und dem Ziel der zeitnahen Rückführung entgegenwirkt. 

In Krisensituationen kommt es zum Teil zu befristeten „Notlösungen“.[8] Im Einzelfall bestehen hierfür nachvollziehbare Gründe[9], zusammengenommen zeigt sich hieran aber ein strukturelles Problem:  Infolge fehlender (Anschluss)Hilfen oder langandauernder Verzögerungen in Klärungs- und Entscheidungsprozessen verweilen Kinder deutlich zu lange in befristeten Unterbringungsangeboten. Trotz der hohen Bedeutung von Beziehungskontinuität, gerade für 0-3jährigen Kinder, kann keine adäquate Unterbringung erfolgen. Mit Blick auf die entwicklungspsychologischen Bedürfnisse und das subjektive Zeitempfinden von Säuglingen und Kleinkindern, stellt sich die berechtigte Frage, inwieweit eine Rückkehr zu den Eltern oder eine dauerhafte Vermittlung in eine Pflegefamilie noch gut gelingen kann.

2. Entwicklungsspezifische Anforderungen junger Kinder 

Ergebnisse der Neurowissenschaft zeigen, dass es bis zum 6. Lebensjahr mehrere "Entwicklungsfenster" bzw. "kritische Phasen" gibt, in denen das Gehirn für bestimmte Lernerfahrungen besonders empfänglich ist, da dann die entsprechenden Gehirnregionen strukturiert werden. Dabei ist unbestritten, dass gerade die ersten drei Lebensjahre die Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftschancen junger Menschen nachhaltig prägen. Mit Blick auf die entwicklungsspezifischen Bedürfnisse junger Kinder erscheint eine Differenzierung zwischen den Altersspannen unter 3 Jahren und 3-6 Jahren sinnvoll. Säuglinge und Klein(st)kinder müssen u. a. lernen, sich selbst zu regulieren. Sie entwickeln und erproben ihre Motorik, ihre Sprache und beginnen sich selbst als eigenständige und handlungsfähige Person wahrzunehmen. In ersten Schritten erkunden sie ihre Umwelt und eignen sie sich an. Im Vergleich zu nachfolgenden Altersphasen vollzieht sich diese Entwicklung in einem rasanten Tempo. Ob es dem jeweiligen Kind gelingt, die Entwicklungsanforderungen zu bewältigen, hängt vor allem davon ab, ob es in seinem Umfeld eine feinfühlige Beziehungsperson zur Verfügung hat, die ihm eine verlässliche Bindung bietet und es zuverlässig versorgt. Gerade 0-3jährige Kinder sind zur Befriedigung ihrer Bedarfe und Grundbedürfnisse nahezu vollständig von ihrer Bezugsperson abhängig.[10] 

Risikofaktoren im fötalen Leben als auch in den ersten Lebensjahren können langfristige negative Auswirkungen auf Kinder haben. Situationen, die ältere Kinder als emotionale Belastung erleben, können für junge Kinder bereits traumatisch sein und sich bei anhaltendem Stress auf ihre Gehirnentwicklung auswirken.[11] Faktoren wie sexueller Missbrauch, Vernachlässigung, Verlassenwerden oder (mit)erlebte Gewalt in der Familie verstärken i. d. R. diesen Effekt und führen oftmals zu schwerwiegenden Folgen für die psychosoziale Entwicklung. Dies zeigt sich z. B. in Form von herausforderndem Verhalten, einem niedrigeren IQ  oder einem erhöhten Risiko für Autismus.[12]

Auch in Bezug auf die kognitive Wahrnehmung(sfähigkeit) und das Zeitempfinden werden in den ersten Lebensjahren wichtige Entwicklungsprozesse durchlaufen: Erst im Alter von 2 bis 3 Jahren entwickeln Kinder eine Vorstellung davon, wer sie sind und begreifen, was gestern, heute oder morgen ist. Im Alter von drei bis vier Jahren – wenn die Familiensprache(n) nahezu beherrscht werden – beginnt sich das autobiographische Gedächtnis zu entwickeln. Etwa ab dem 4. Lebensjahr unterscheiden Kinder zwischen Schein und Wirklichkeit. Sie erkennen Gedanken und Beweggründe anderer Menschen und können sich in Rollen hineinversetzen. Junge Kinder haben noch nicht die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu kontrollieren, die Bedürfnisbefriedigung hinauszuschieben und sich selbst zu beherrschen. Ab dem sechsten Lebensjahr machen Kinder meist große Fortschritte darin, die eigenen Emotionen zu regulieren und können mit der Frustration ihrer Bedürfnisse besser umgehen.[13]

Die entwicklungsspezifischen Bedürfnisse und ggf. belastenden Vorerfahrungen junger Kinder stellen deshalb hohe Anforderungen an Fachkräfte, Pflegeeltern und Einrichtungen, z. B. in Hinblick an die Beziehungsgestaltung, die Hilfeplanung und die konzeptionelle Ausgestaltung von Angeboten der stationären Erziehungshilfe. 

2.1. Anforderungen an die Unterbringung junger Kinder in der stationären Erziehungshilfe 

Anlass für die Unterbringung ist oftmals die unzureichende Versorgung und Betreuung durch die Eltern(teile). Bei 27% der 0-6jährigen Kindern erfordert eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes die Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII).[14] Nicht wenige Kinder kommen – aufgrund ihrer Vorerfahrungen – mit einer vermuteten oder diagnostizierten Bindungsproblematik oder -störung in die Einrichtungen. 

Eine Inobhutnahme oder Aufnahme in eine stationäre Erziehungshilfe ist für junge Kinder mit hohem Stress verbunden. Stationäre Angebote sind daher bei der Aufnahme eines jungen Kindes in besonderem Maße gefordert, den elementaren Grundbedürfnissen nach Sicherheit, Stabilität, Berechenbarkeit und Bindung, den spezifischen Entwicklungsherausforderungen als auch den Vorerfahrungen jedes einzelnen Kindes Rechnung zu tragen. Auch wenn diese Kinder Schwierigkeiten haben können, sich auf Bindungen einzulassen.[15] Dies umfasst insbesondere:

  • Verlässliche und liebevolle Beziehungen anzubieten, um emotionales Sicherheit erfahrbar zu machen,
  • Die Prozesse und Beziehungen auf Kontinuität auszurichten und ein auf Sicherheit ausgelegtes Bindungsverhalten anzubieten,
  • Bedarfsgerechte und sichere Lebensorte in liebevoller, überschaubarer Atmosphäre zu schaffen,
  • Die Beteiligung von jungen Kindern durch zugewandte, feinfühlige Interaktion zu fördern und zu gewährleisten,[16]
  • Die Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. dem Familiensystem möglichst durch Einbeziehung ins Alltagsgeschehen zu fördern, 
  • Individuelle Entwicklungsräume zu ermöglichen und insbesondere bei erhöhtem Förderbedarf ein tragfähiges Unterstützungsnetzwerk mit Akteur*innen anderer Unterstützungsbereiche (z. B. dem Gesundheitssystem) auszugestalten.

2.2. Anforderungen an die Hilfeplanung mit Blick auf den Perspektivklärungsprozess 

Über die Hilfeentscheidungen im Einzelfall werden zentrale Weichenstellungen für die Biografien der Kinder schon in jungen Jahren gestellt. Im Rahmen der Hilfeplanung (§§ 36 ff. SGB VIII) erfolgt der Perspektivklärungsprozess. Um das kindliche Zeitempfinden und Bindungsverhalten verantwortungsvoll zu berücksichtigen, erfordert es bei 0-3Jährigen ein optimiertes und zeitlich eng getaktetes Handeln der zuständigen Fachkräfte: „Ziel muss sein, sowohl für die kleinen Kinder, wie auch deren Eltern/-teil möglichst umgehend eine tragfähige und verlässliche Perspektive zu entwickeln sowie längere Phasen der Unsicherheit zu vermeiden“[17].

Internationale Studien zeigen, dass eine klare Prioritätensetzung der Kinder- und Jugendhilfe auf das Erreichen von Kontinuität sowie intensivierte Beratungskontakte mit allen Beteiligten mit einem häufigeren, schnelleren und nachhaltigeren Erreichen einer einvernehmlichen Dauerperspektive für die Kinder einhergehen. 

Um selbiges in Deutschland zu erreichen, sind mit dem KJSG klarstellende Neuregelungen geschaffen worden: 

  • Die Verpflichtung, sowohl den Stand der Perspektivklärung als auch Absprachen zur Zusammenarbeit zwischen Erziehungs- bzw. Pflegepersonen und Eltern (z. B. der Hilfeplanung) zu treffen,
  • Der Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung für Pflegepersonen (§ 37a SGB VIII), 
  • Der Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung für Eltern, deren Kinder stationär untergebracht sind (§ 37 Abs. 1 SGB VIII). 

Die Fachkräfte des Jugendamtes haben von Anfang an und jederzeit während der Hilfeerbringung dafür Sorge zu tragen, dass die Eltern kompetent informiert, beraten und an dem Hilfe- und Erziehungsprozess beteiligt werden (§ 36 Abs. 1 SGB VIII). Bei der Umsetzung spielt die Haltung der Fachkraft eine wesentliche Rolle und ist immer wieder zu reflektieren: Werden die Eltern eher als Verursacher des Leids ihrer Kinder wahrgenommen oder als Eltern, die aus spezifischen Gründen (vorübergehend) nicht für ihre Kinder sorgen können? 

Die Perspektivklärung ist zentraler Gegenstand der Hilfeplanung (§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII, § 37c Abs. 1 SGB VIII). Im Rahmen einer systemischen, prozessorientierten Perspektivklärung ist mit allen Beteiligten eine Richtungsentscheidung in einem für das Kind überschaubaren Zeitraum zu erarbeiten. Im Mittelpunkt stehen dabei die entwicklungsspezifischen und individuellen Bedürfnisse des jungen Kindes. Je sorgfältiger und verlässlicher diese im sozialpädagogischen Sinne erfasst werden, umso zielgerichteter können Hilfen gemeinsam ausgesucht, gestaltet oder Rückkehrprozesse vorbereitet und durchgeführt werden. 

Fachkräfte der Allgemeinen Sozialdienste (ASD) sehen sich oftmals nicht genügend ausgebildet, um den persönlichen Kontakt bzw. die „Gesprächssituationen“ mit 0-3jähriger Kindern alters- und entwicklungsangemessen[18] in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form zu gestalten und hieraus die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche der Kinder abzuleiten. Bei fremduntergebrachten Kindern dieser Altersgruppe wird daher nicht selten auf die Expertise der betreuenden Fachkraft oder der Pflegepersonen bzw. deren besonderen Zugang zum Kind gesetzt, um deren Bedürfnisse zu erfassen als auch eine alters- und entwicklungsgerechte Beteiligung am Hilfeprozess zu ermöglichen.[19] Dieses Erfassen der kindlichen Bedarfe über nahe Bezugspersonen ist zwar sinnvoll, sollte aber nicht allein stehen. Es gilt diesen Zugang mit einem im direktem Kontakt zum Kind gewonnenen unmittelbaren Eindruck zu verbinden (z. B. aus der Interaktion von Kind und Bezugsperson).[20] Die von den Fachkräften geäußerte Unsicherheit zeigt einen erheblichen Fortbildungsbedarf über geeignete Methoden und deren Anwendung (bspw. in Form von Beobachtungsbeschreibungen, Videoaufnahmen oder Hospitationen in den Hilfesettings).

Bei der (einverständlichen oder familiengerichtlich durchgesetzten) Trennung eines jungen Kindes von seiner Familie, macht es das alters- und entwicklungsspezifische Zeitempfinden notwendig, im Kooperationsdreieck Jugendamt-Eltern-Einrichtung/Pflegefamilie möglichst frühzeitig klar zu formulieren, unter welchen Bedingungen das Kind wieder zu seinen Eltern zurückkehren kann. Der Rechtsanspruch auf Hilfe zu Erziehung richtet sich neben der Fremdunterbringung auch darauf, auf den festgestellten Rückkehrbedingungen aufbauend, konkrete Unterstützungsangebote für die Eltern zu entwickeln (z. B. zur Stärkung ihrer Erziehungsfähigkeit und -kompetenz, Gestaltung einer stabilen Wohn- und Alltagssituation). Die formulierten (kleinschrittigen) Ziele, sind gemeinsam und regelhaft in adäquaten Zeitfenstern zu überprüfen. Begleitende ambulante Hilfe können Krisensituationen für Eltern abmildern und eine gezielte Verbesserung der Erziehungsbedingungen und/oder Unterstützung zur Trauerbewältigung ermöglichen. Solche Kooperationsmodelle können auch bei Konflikten zwischen ASD und Eltern deren Ohnmachts- und Schuldgefühle auffangen und so ihrem Rückzug aus der weiteren Hilfebeziehung vorbeugen.[21] 

3. Besondere Herausforderungen mit Blick auf die Unterbringung von jungen Kindern

Die Unterbringung von 0-6jährigen Kindern in Angeboten der Erziehungshilfe ist in den letzten Jahren stärker in den Blick des Fachdiskurses gerückt. Die Potentiale präventiv ausgerichteter Früher Hilfen sowie der Frühförderung sind erkannt, aber auch fortbestehende Lücken der Erreichbarkeit insbesondere im ländlichen Raum sowie für von Armut betroffenen Familien/Alleinerziehenden[22] und migrantischen Familien identifiziert. Positive Weiterentwicklungsmaßnahmen der Praxis sind u. a. die fachlichen Empfehlungen oder Orientierungshilfen einiger Landesjugendämter[23] zur Unterbringung junger Kinder in stationären Leistungsangeboten. In diesen werden Gelingensbedingungen für die Entwicklung professioneller Betreuungsangebote für junge Kinder benannt, aber auch die vielerorts verbesserten Rahmenbedingungen für Pflegeeltern beschrieben. Familienunterstützende und -integrative Ansätze sowie Modelle familienanaloger Wohnformen wurden konzeptionell (weiter-)entwickelt, erprobt und gelebt. In Gänze bestehen dennoch weiterhin Handlungs- und Weiterentwicklungsbedarfe. 

3. Besondere Herausforderungen mit Blick auf die Unterbringung von jungen Kindern

3.1. Herausforderungen für die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe 

Den Jugendämtern obliegt nicht nur die Steuerung der konkreten Einzelfallhilfe, sie haben ferner die Planungs- und Gesamtverantwortung für eine ausreichende und bedarfsgerechte Infrastruktur. Die Fremdunterbringung junger Kinder, insbesondere auch in Geschwisterkonstellationen, erfordert in der Regel eine möglichst wohnortnahe Unterbringung, so dass wichtige Sozialbezüge erhalten bleiben und die bisherigen Ressourcen des Sozialraums weiterhin genutzt werden können.[24] Die entwicklungsspezifischen Bedürfnisse junger Kinder sprechen für familiäre, familienanaloge und familienintegrative Betreuungsformen. Im Einzelfall kann der systemische Blick eines institutionellen Hilfesystems richtig sein. Die unterschiedlichen Hilfeformen und konzeptionellen Ausrichtungen bieten – abhängig von den individuellen Bedarfen und Erfahrungen der Kinder sowie der spezifischen Familiensituation – jeweils andere Potentiale: 

  • Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) ermöglicht gerade jungen Kindern, die nicht bei ihren Eltern leben können, ein Aufwachsen in einem familiären Rahmen (teils sogar der Verwandtenpflege) und den Aufbau und/oder den Erhalt von dauerhaften Bindungen.
  • Eine stationäre Unterbringung gem. § 34 SGB VIII kann fachlich angezeigt und sinnvoll sein, wenn z. B. Geschwistergruppen Aufnahme finden sollen oder Pflegefamilien mit der Betreuung und Versorgung von schon in jungen Jahren deutlich verhaltensauffälligen Kindern und/oder dem Umgang von schwierigen Familiensystemen fachlich und/oder organisatorisch überfordert wären. Auch können bestehenden Verhaltensauffälligkeiten oder Behinderungen, die einen hohen pädagogischen, therapeutischen und ggf. medizinischen Aufwand bedingen, in Einrichtungen durch erfahrene Fachkräfte, multiprofessionelle Teams, enge Kooperationen zum Gesundheitsbereich usw. entsprochen werden. Diese bieten die strukturelle Möglichkeit zur gegenseitigen Entlastung, zum fachlichen Austausch im Team sowie zur Beratung und Reflexion des pädagogischen Handelns (Supervision). 
  • Gemeinsame Wohnformen gem. § 19 SGB VIII können Eltern(teilen), die allein für ein unter sechsjähriges Kind zu sorgen haben und aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihres Kindes benötigen, die Möglichkeit bieten, gemeinsam mit dem Kind in einer geeigneten Wohnform betreut zu werden. Auch bereits schwangere Frauen und ältere Geschwisterkinder sind von der Hilfe erfasst. Für Eltern mit über sechsjährigen Kindern und Elternpaare werden entsprechende Settings gem. § 27 Abs. 2 SGB VIII ermöglicht. Für die jungen Kinder bleiben die wichtigsten Bezugspersonen erhalten – unter Sicherung des Kindeswohls als ein vorrangiges Ziel. Diese Hilfeform ermöglicht eine intensive Arbeit mit dem ganzen Familiensystem. Gemeinsam mit den Fachkräften können familiäre Schwierigkeiten und Gefährdungsmomente reflektiert, neue Verhaltensweisen erprobt und die Perspektive für den Verbleib des Kindes entwickelt sowie Eltern im Falle einer notwendigen Herausnahme des Kindes begleitet werden.[25] 

Der erforderlichen Bandbreite an Angeboten stehen aber oftmals organisatorische sowie fiskalische Gesichtspunkte entgegen. Die Kommunale Jugendhilfeplanung bewegt sich in diesem Spannungsfeld und ist gefordert unter Berücksichtigung der sozialräumlichen Strukturen und im Einklang mit dem örtlichen Jugendhilfeausschuss die Schaffung geeigneter Leistungsangebote anzuregen. Die Überörtliche Jugendhilfeplanung ergänzt diese Bemühungen, da nicht in jedem Jugendamtsbezirk jede Einrichtungsform und Maßnahme sinnvoll umgesetzt werden kann. 

Gute Erfahrungen wurden insbesondere in Großstädten dabei gemacht, im Rahmen der Angebotsstrukturplanung Anreize für Erziehungshilfeträger zu setzen, z. B. zum Aufbau von mehr familienanalogen und -integrativen Angeboten. Gleiches gilt für Pflegeeltern.[26] Der (fach)politische Gestaltungswille – jeweils Verwaltung und Ausschuss –  in den Jugendämtern vor Ort und in den Landesjugendämtern ist dabei ein Erfolgsfaktor.[27] 

3.2. Rechtliche Rahmenbedingungen als Hürde: Das Arbeitszeitgesetz und der Mindestlohn 

Bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen verschärfen die Umsetzungsschwierigkeiten einer adäquaten Unterbringung von jungen Kindern. So laufen die engen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) fachlich sinnvollen Konzepten zuwider, ohne einen anderen Ausgleich zwischen dem Bemühen um kontinuierliche, enge Betreuungsbeziehungen und Arbeitnehmendenschutz zu ermöglichen. Nur für Familienwohngruppen ist eine Sonderregelung getroffen, die aber durch das dennoch anzuwendende Mindestlohngesetz fiskalische Grenzen sprengt.

  • 24-Stunden-Dienste

Dienstplanungen wie der 24-Stunden-Dienst sind unerlässlich, um junge Kinder als verlässliche Bindungsperson in ihren alltäglichen Routinen beständig zu begleiten (z. B. sie abends ins Bett zu bringen und morgens wieder aufzuwecken). Die gesetzlich vorgesehene durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden/ Woche lässt dies personell kaum realisieren, zumal (Nacht-)Bereitschaftsdienste vollständig als Arbeitszeit gewertet werden. Gemeinsame Ferienfreizeiten sind verunmöglicht, da nach einer Arbeitszeit von 24 Stunden den Fachkräften eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewährleistet werden muss. Typische Regelungen in der Praxis orientieren sich an den gesetzlichen Regelungen.

  • Pausenregelungen

Im pädagogischen Betreuungsalltag (insbesondere mit Säuglingen und Kleinkindern) lassen sich im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 bzw. 45 Minuten bei einer Arbeitszeit über sechs bzw. neun Stunden und einer jeweiligen Dauer von mindestens 15 Minuten je Ruhepause (§ 4 ArbZG) schwer sicherstellen. Diese Regelungen sind an den Wochenenden nicht erfüllbar. Aufgrund tarifvertraglicher Regelungen kann die Gesamtdauer der Ruhepausen auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufgeteilt werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG). Sind zwei Fachkräfte im Dienst, dürfen reguläre Pausen jedoch nicht durch Kurzpausen ersetzt werden.  
Mit Blick auf familienanaloge Hilfen (Erziehungsstellen, individualpädagogische Projektstellen, sozialpädagogische Lebensgemeinschaften etc.) wurden vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes Arbeitnehmer*innen ausgenommen, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG). Diese Sonderregelung wurde im Mindestlohngesetz (MiLoG) jedoch nicht berücksichtigt. Arbeitnehmer*innen in familienanalogen stationären Hilfen haben für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde (auch Bereitschaftszeiten) mindestens Anspruch auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Konkret folgt darauf, dass 24 Stunden/365 Tage zu berechnen sind, was die bislang tarifierten und gezahlten Vergütungen (zwischen 3.000 und 3.500 Euro/Monat, Arbeitnehmerbrutto) um 100 bis 120 Prozent übersteigt. Auch dies ist eine Gefährdung des Angebots und der Zukunft der familienanalogen Hilfen, die so in der Gesetzgebung bisher wohl nicht mitgedacht wurde. 

Ähnlich weitreichende Konsequenzen ergeben sich mit Blick auf sozialräumliche Wohngemeinschaften der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie insbesondere im Rahmen der (Nacht-)Bereitschaften. Da das Mindestlohngesetz die gesamte Anwesenheitszeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit wertet, kommt es z. B. bei der kirchlich-diakonischen Tarifregelung oft zu einer Unterschreitung des Mindestlohns, da diese bei reinen Schlafbereitschaften nicht die tatsächliche Arbeitszeit, sondern nur 25% davon vergütet. Hierdurch ist u. a. auch die (Weiter)Entwicklung stationärer Erziehungshilfen zu inklusiven Hilfeformen betroffen.

3.3. Die Dauer der familiengerichtlichen Verfahren

Da häufig Gefährdungssituationen Anlass für die Fremdunterbringung junger Kinder sind, ist der Anteil der Sorgerechtsentscheidungen in dieser Altersgruppe deutlich höher als in anderen Altersgruppen. Die langwierigen gerichtlichen Entscheidungsprozesse stehen häufig in keinem Verhältnis zum kindlichen Zeitempfinden. Zumindest für ihre Dauer schwelt der Konflikt über die Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit des Eingriffs und folglich sind häufig konstruktive, auf eine kontinuierliche Zukunftsplanung gerichtete Gespräche zwischen Eltern und Jugendamt erschwert.

Für einen in das Sorgerecht eingreifenden „beschwerdefesten“ Beschluss wird regelhaft ein Sachverständigengutachten angeordnet, dessen Erstellung Monate brauchen kann. Der*die Richter*in ist zwar gem. § 157 Satz 3 FamFG verpflichtet zu prüfen, ob der Erlass einer einstweiligen Anordnung zum vorläufigen Entzug der elterlichen Sorge notwendig ist. Hiervon wird aber oftmals abgesehen, wenn das Kind zwar in einer Inobhutnahmeeinrichtung oder Bereitschaftspflegestelle untergebracht ist, die Eltern aber (etwa als Zeichen ihrer Kooperationsbereitschaft) der Unterbringung vorläufig zustimmen und somit keine „akute Gefahr“ für das Kindeswohl besteht. Problematisch ist in dieser Situation, dass das Kind keine „vollwertigen“ Sorgeberechtigten hat: Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme „nur“ berechtigt, die Rechtshandlungen für das Kind vorzunehmen, die für sein Wohl notwendig sind (sog. Notvertretungsrecht, § 42 Abs. 2 S. 4 SGB VIII). Mit der Hilfeplanung wird dann oft erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens begonnen. Würde das Familiengericht dagegen im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig die elterliche Sorge (teilweise) entziehen und eine Vormundschaft anordnen, hätte das Kind oder der Jugendliche einen vollwertigen Sorgeberechtigten (und es könnte mit der Hilfeplanung begonnen werden). Einstweilige Anordnungen beinhalten oftmals die Bestellung einer (Amts-)Vormundschaft oder Ergänzungspflegschaft mit Aufenthaltsbestimmungsrecht, deren Bestand jedoch von der Entscheidung im Hauptsacheverfahren abhängig gemacht wird (§ 1790 ff. BGB).

Entgegen der gesetzgeberischen Zielsetzung wird in der Praxis der Familiengerichte zudem von der Möglichkeit der Verfahrensbeschleunigung gem. § 155b FamFG nicht oft Gebrauch gemacht und – mutmaßlich aufgrund der Bedeutung der Entscheidung – das (teilweise langwierige) Hauptsacheverfahren abgewartet und ggf. das junge Kind in einer Dauerpflegestelle untergebracht. Im Einzelfall können verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Beschleunigung des Verfahrens geprüft werden. Gerade für Säuglinge und Klein(st)kinder ist der Bindungsabbruch, der nach einer langen Phase der Perspektivklärung folgt, überaus belastend.

Während einer Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 S. 2 SGB VIII) obliegt dem Jugendamt die Befugnis und die Pflicht das betreffende Kind in einer geeigneten Einrichtung, Wohnform oder bei einer geeigneten Person unterzubringen – auch bei laufendem familiengerichtlichen Hauptsacheverfahren. Es liegt im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen des Jugendamtes – unter Berücksichtigung der Wünsche der Betroffenen – die Unterbringungsform auszuwählen. Das kann auch eine Dauerpflegestelle sein, wenn nach Einschätzung des Jugendamtes eine Rückkehr des Kindes zu den Herkunftseltern sehr unwahrscheinlich und die Aufrechterhaltung der Beziehungskontinuität für die psychosoziale Entwicklung des Kindes bedeutend ist. Die Begriffe „Bereitschaftspflege“ oder „Dauerpflege“ werden allein von der Fachpraxis definiert und sind weder nach SGB VIII noch BGB rechtsbindend. 

Im Rahmen der „Verantwortungsgemeinschaft von Jugendamt und Familiengericht im Kinderschutz“ sind die einhergehenden Abwägungen und Entscheidungen im jeweiligen Einzelfall zu treffen. Hierbei sind das kindliche Zeitempfinden und die Bedeutung der Bindungskontinuität für die kindliche Entwicklung zu berücksichtigen und Prognosen anhand der individuellen Ressourcen und Belastungen des Kindes sowie der vorhandenen Umstände zu treffen. 

3.4. Junge Kinder mit Behinderung in stationärer Unterbringung 

Das Statistische Bundesamt gibt in der Statistik zu den erzieherischen Hilfen an, dass in der Altersgruppe 0-6 Jahre 9 Kinder auf der Grundlage §35a SGB VIII bei einer geeigneten Pflegeperson untergebracht waren und 42 Kinder in einer Einrichtung über Tag und Nacht (begonnene Hilfen). Bei den beendeten Hilfen werden 13 Kinder bei einer Pflegeperson und 37 Kinder in Einrichtungen Tag und Nacht) geführt.[28] 
Zu der Anzahl von jungen Kindern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung in stationären Angeboten der Eingliederungshilfe, den Behinderungsformen der Kinder sowie dem jeweiligen Unterbringungssetting in Deutschland liegt derzeit keine belastbare bundesweite Datenlage vor.[29] Nach Wahrnehmung von Fachkräften aus der Eingliederungs- sowie der Kinder- und Jugendhilfe sei jedoch seit Jahren eine Zunahme von Unterbringungsanfragen für immer jüngere Kinder (insbesondere ca. 2-5jährige) zu beobachten. Die Anfragen beträfen oftmals junge Kinder mit (drohender) geistiger Behinderung und begleitenden und/oder mehrfachen Behinderungen. Es ginge um starke (autistische) Verhaltensauffälligkeiten und nicht selten auch (schweren) Traumatisierungen aufgrund von Vernachlässigungs- und oder Misshandlungserfahrungen und vorangegangene Beziehungsabbrüche.

Für diese Kinder wird ein Setting benötigt, das ihren alters- und behinderungsspezifischen Bedürfnissen entspricht und ihren besonderen Schutzbedürfnissen Rechnung trägt. Dies kann einen intensiven Pflegebedarf, einen umfangreicheren Förderbedarf und/oder auch einen hohen Betreuungsbedarf aufgrund von fremd- und/oder selbstgefährdendem Verhalten bedeuten. Um häufig bereits erlebte Abbrucherfahrungen nicht zu wiederholen, kann eine durchgängige 1:1-Betreuung durch qualifizierte und erfahrene Fachkräfte als Bezugsbetreuer*innen notwendig sein. Die Begleitung der Kinder in allen Fragen der Gesundheitsfürsorge (u. a. Vorsorgeuntersuchungen, die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern, Fachärzten, den Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), den Kinder- und Jugendpsychiatrien sowie weiteren Fachkliniken und die dazu gehörende bedarfsgerechte Hilfsmittelversorgung) nimmt zusätzliche Ressourcen ein. Interdisziplinäre Teams und eine enge Vernetzung, z. B. mit Akteur*innen aus dem Gesundheitswesen bieten dafür eine hilfreiche und wirkungsvolle Basis. 

Das Finden passender stationärer Einrichtungen für diese Kinder gestaltet sich vor Ort oftmals sehr schwierig. Auch wenn teils entsprechende Plätze vorhanden sind, kann die Aufnahme aufgrund des akuten Fachkräftebedarfs nicht immer gewährleistet werden. 

Eine besondere Chance familiären Aufwachsens bietet auch für beeinträchtigte Kinder die Vollzeitpflege (§ 113 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX, § 33 Satz 2 SGB VIII). Eine bedarfsgerechte Begleitung und Unterstützung dieser Familien sowie eine Kontinuitätssicherung über Zuständigkeitswechsel hinaus hat für diese Pflegefamilien eine besondere Bedeutung[30] -  zumal familienunterstützende Dienste zur Entlastung der Eltern oder Angebote für Geschwister auch bereits Herkunftsfamilien stärken und eine die Abgabe der Kinder provozierende Überforderung lindern können.[31]

3.5. Anforderungen an den Schutz junger Kinder in stationären Hilfen zur Erziehung

Die Stärkung der Rechte und des Schutzes fremduntergebrachter junger Menschen haben seit dem Bundeskinderschutzgesetz viel Aufmerksamkeit erfahren und sind durch das KJSG nochmals unterstrichen worden (z. B. im Bereich der Pflegekinderhilfe durch § 37b Abs. 1 SGB VIII).

  • Besondere Gefährdungslagen in den ersten Lebensjahren

Neben den besonderen Schutzbedürfnissen von jungen Menschen mit Behinderung ist auch die besondere Vulnerabilität von Säuglingen und Klein(st)kindern stärker in den Blick zu nehmen.[32] 

  • Gefährdungseinschätzung bei Säuglingen und Klein(st)kindern 

Gefährdungslagen junger Kinder nach ersten Hinweisen (bspw. auf eine Vernachlässigung) sind schnell und umfassend einzuschätzen, damit sich diese nicht in eine akute Notsituation ausweiten. Bedeutsam sind ein ergänzendes entwicklungspsychologisches und medizinisches Fachwissen der Fachkräfte sowie hilfreiche klare Strukturen und Qualitätsstandards für den Prozess der Gefährdungseinschätzung. Im Pool der insoweit erfahrenen Fachkräfte müssen Wissen, Handlungs- und Netzwerkkompetenz zur besonderen Schutzbedürftigkeit und den entwicklungsspezifischen Bedürfnissen junger Kinder vorgehalten werden, die entsprechend professionelle Expertise aus verschiedenen Bereichen zusammenbringen kann.

  • Schutz vor sexueller Gewalt

Das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit entsteht insbesondere für Säuglinge und Klein(st)kinder gerade über körperliche Nähe. Das besondere Abhängigkeitsverhältnis und diese vielfältigen Momente von körperlicher Nähe, teils in Einzelkontakten sowie bei pflegerischen Tätigkeiten, bringen für Säuglinge und Kleinkinder in allen Formen der stationären Hilfen ein erhöhtes Risiko mit sich, sexuelle Gewalt durch Mitarbeitende zu erfahren. Es ist mittlerweile bekannt, dass Täter*innen genau diese Situationen gezielt ausnutzen. Es gilt daher, Faktoren zum Schutz[33] zu implementieren sowie die häufig nonverbalen Zeichen der Kinder wahrzunehmen und plötzlich auftretende Verhaltensänderungen, körperliche Anzeichen oder Veränderungen in der Interaktion mit den Kindern als mögliche Zeichen erlebter Gewalt zu erkennen.[34]  

  • Schutz- und Beteiligungskonzepte in den stationären Einrichtungen[35] 

Die Gestaltung sicherer Orte zum Schutz vor körperlicher und emotionaler Gewalt ist Grundvoraussetzung von Hilfen. Insbesondere in stationären Einrichtungen besteht in der Praxis ein Spannungsfeld zwischen dem Anspruch im pädagogischen Auftrag den besonderen psychosozialen und körperlichen Bedürfnissen der jungen Kinder gerecht zu werden und der (Selbst-)Verpflichtung, den Schutz von Adressat*innen im institutionellen Kontext zu stärken. Diesem Spannungsfeld lässt sich mit einem intensiven fachlichen Austausch auf Teamebene bzw. mit Beratungs- und Begleitangeboten zur stetigen Reflexion und Bewältigung der Betreuungs- und Erziehungsaufgaben begegnen. Vorrangig geht es dabei um die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von professioneller Nähe und Distanz, um einen offenen Austausch über Beobachtungen, gemeinsame Fallanalysen und Gefährdungseinschätzungen sowie eine Auseinandersetzung mit Gefährdungsmomenten in dem jeweiligen Hilfesetting.

Die Entwicklung von einrichtungsbezogenen Schutz- und Beteiligungskonzepten ist im KJSG verbindlich geregelt. Die feste Verankerung des Kinderschutzes in den Träger- und Einrichtungsstrukturen nimmt hierbei eine wichtige Schlüsselrolle ein. Auf allen Ebenen bedarf es des Bewusstseins und der notwendigen Unterstützung, einen Rahmen zu schaffen, der intensiven fachlichen Austausch ermöglicht, passende Voraussetzungen für eine konstruktive, offene Arbeitsatmosphäre bietet und den Fachkräften Handlungssicherheit gibt. Dabei sind bereits für die Jüngsten alters- und entwicklungsgerechte Möglichkeiten der Beteiligung und Beschwerde zu etablieren (bspw. in Form von konkreten, visualisierten und sichtbaren Verhaltensampeln für Fachkräfte). 

  • Strukturen zum Schutz von Kindern in der Pflegekinderhilfe 

Da Pflegefamilien keine professionellen Organisationen sind, können Schutzkonzepte in der Pflegekinderhilfe nicht aus Einrichtungen und Organisationen adaptiert werden. Das Jugendamt trägt die Verantwortung, ein Schutzkonzept und Möglichkeiten der altersgerechten Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten zu entwickeln und in jedem Einzelfall umzusetzen (§ 37b SGB VIII). Alle beteiligten Akteur*innen sind einzubinden und dafür zu sensibilisieren, wann innerhalb der Pflegekinderhilfe die Rechte von Kindern aus dem Blick geraten können und welche besonderen Schutzbedarfe junge Kinder haben.

Die Entwicklung landesweiter Standards sowie die Erarbeitung und Umsetzung systematischer Fortbildungsangebote für Fachkräfte und Pflegeeltern, die auch das Thema junge Kinder beinhalten, sind als Teil der Qualitätsentwicklung vorgegeben (§ 79a SGB VIII). Fachliche Anregungen zur Erarbeitung von Schutzkonzepten in der Pflegekinderhilfe bieten aktuelle Ergebnisse des Forschungsprojektes „FosterCare“ und des Dialogforum Pflegekinderhilfe sowie Handreichungen zur Thematik.[36] 

4. Empfehlungen für eine Weiterentwicklung 

Aus all den Facetten ergeben sich aus Sicht der AGJ nachfolgende Empfehlungen zur Verbesserung der Situation junger Kinder in der stationären Erziehungshilfe:

Bedürfnisse junger Kinder systematisch und konzeptionell berücksichtigen

  • Mit Blick auf die stationäre Unterbringung und Betreuung von jungen Kindern außerhalb der Familie ist nicht das „Setting“ an sich ausschlaggebend, sondern wie gut es konzipiert ist und im pädagogischen Alltag den entwicklungsspezifischen und individuellen Bedarfen des einzelnen Kindes und seiner Herkunftsfamilie gerecht wird. 
  • Sowohl bei den Entscheidungen zu notwendigen Hilfe- und Schutzmaßnahmen wie auch bei der Ausgestaltung von Angeboten sind die Grund- und Bindungsbedürfnisse von jungen Kindern systematisch und konzeptionell zu berücksichtigen.[37] Um diesen im Hilfeprozess, in der Inobhutnahme und in Angeboten der stationären Erziehungshilfe zu entsprechen, bedarf es im Einzelnen eines sicheren Bindungsstils der Fachkräfte/Pflegeeltern, der Ausrichtung von Prozessen und Beziehungen auf Kontinuität, der engagierten Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. dem Familiensystem und der Gestaltung altersgerechter und sicherer Orte.[38] Dies erfordert auch konzeptionelle, strukturelle, räumliche und personelle Konsequenzen, z. B. die entsprechende Anpassung des Personalschlüssels und der Gruppengröße.
  • Bei jungen Kindern ist eine intensive, systematische Zusammenarbeit mit den Eltern und die Ermöglichung einer verbindlichen schnellen Perspektivklärung von besonderer Bedeutung. Hierfür sind verstärkt Konzepte der intensiven Begleitung von Eltern, Stärkung der Ressourcen der Herkunftsfamilie sowie der Übergangsgestaltung (z. B. Hilfebeendung/Rückführung)[39] – parallel zur stationären Unterbringung des Kindes –(weiterzu)entwickeln und umzusetzen.

Qualifizierung sicherstellen und Fortbildungen anbieten 

  • Den fallverantwortlichen Fachkräften in den Jugendämtern, wie auch Richter*innen am Familiengericht, müssen Fortbildungen angeboten, geeignete Reflexionsräume und Möglichkeiten des gemeinsamen Fachaustausches zur Verfügung gestellt werden, damit sie die (teilweise) schwierigen Prognosen und nachfolgenden Steuerungsentscheidungen sicher treffen können.
  • Damit Fachkräfte in stationären Angeboten der Erziehungshilfe jungen Kindern verlässliche Beziehungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung stellen können, müssen sie entsprechend ausgebildet sein. Zudem haben regelmäßige Fortbildungen und Supervision eine hohe Priorität. 
  • Eine angemessene und möglichst interdisziplinäre personelle Ausstattung von stationären Angeboten für junge Kinder (und Familien) hat eine hohe Bedeutung. Die Anerkennung von Fachkräften (wie bspw. Heilpädagog*innen) ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Hier bedarf es bundeseinheitlicher Regelungen, um ggf. Modelle der Mischfinanzierung zwischen den beteiligten Systemen bundesweit zu ermöglichen.

Steuerungsverantwortung wahrnehmen: Ressourcen bereitstellen und Infrastruktur ausbauen 

  • Die verantwortlichen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe werden angehalten, in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen den Ausbau der Infrastruktur wohnortnaher Unterbringungs- und Unterstützungsstrukturen für junge Kinder (und ihren Familien)[40] auf die Agenda zu nehmen und vor Ort aktiv voranzutreiben. Dabei ist auf eine möglichst große Angebotsvielfalt im lokalen Versorgungssystem zu achten, um  für jedes junge Kind mit und ohne Behinderungen die passende Unterbringung[41] zu gewährleisten als auch die Wahlfreiheit der Adressat*innen sicherzustellen (etwa mit Blick auf entsprechend qualifizierte familienanaloge Wohnformen sowie auf Formen der Kurzzeit- und Bereitschaftspflege nach SGB VIII und SGB IX). Das bedeutet folglich, u. a.:
    • Wo noch nicht vorhanden, sind fachliche Standards der Landesjugendämter zu den besonderen strukturellen und personellen Ausstattungsmerkmalen einer geeigneten Unterstützungsform in der Fremdunterbringung junger Kinder zu erarbeiten. Die AGJ empfiehlt, hierüber – soweit vorhanden – Abstimmungen in den Landesrahmenverträgen gemäß §§ 78a ff. SGB VIII zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Dachverbänden der Leistungserbringer zu treffen.
    • Soweit vorhanden, werden die Arbeitsgemeinschaften gem. § 78 SGB VIII angehalten, sich verstärkt dem Thema zu widmen. 
    • Die Jugendhilfeplanung vor Ort wird in der Verantwortung gesehen, die Schaffung von adäquaten kurz- und langfristige Unterbringungsangebote[42] für junge Kinder verstärkt als Infrastrukturthema aufzunehmen (Planungsverantwortung gem. § 80 SGBVIII). 
    • In der Verantwortungsgemeinschaft von öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Eingliederungshilfe ist ein intensiver Austausch über hilfreiche Strukturen und angemessene Rahmenbedingungen für die adäquate Unterbringung von jungen Kindern sowie über inhaltliche Weiterentwicklungen und neue konzeptionelle Ausrichtungen zu führen. 
    • Es bedarf entsprechender Anreize seitens der Kommunen als auch der Bereitschaft von freien Trägern, stationäre Angebote für junge Kinder (und Familien) vor Ort auszubauen. Die Einrichtungen sind zugleich gefordert, sich um eine weitere Ausdifferenzierung ihrer Angebote zu bemühen, um den entwicklungsspezifischen und individuellen Bedarfen junger Kinder mit und ohne Behinderung angemessen begegnen zu können.
    • Vor Ort sind lokale Netzwerke auszubauen und verbindliche Vereinbarungen zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und dem Gesundheitsbereich zu treffen, um individuell kurz- und langfristige Unterbringungsbedarfe von jungen Kindern mit Behinderung (und deren Familien) decken zu können.[43]
    • Damit sowohl Fachkräfte in stationären Einrichtungen als auch Pflegeltern jungen Kindern verlässliche Beziehungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung stellen können und für herausfordernde Situationen im Alltag gestärkt sind, benötigen sie Reflexionsräume, umfangreiche Unterstützung, gute Arbeitsbedingungen und ausreichend Zeit. In stationären Einrichtungen muss sich der Personalschlüssel und die Gruppengröße zudem an dem erhöhten Betreuungsbedarf junger Kinder orientieren. Die Kinder- und Jugendhilfe ist gefordert, die dafür nötigen Ressourcen bereitzustellen. 
    • Um Pflegefamilien stärker zu akquirieren, bedarf es der Verbesserung der Rahmenbedingungen: Dies beinhaltet eine adäquate Finanzierung (z. B. elternzeitähnliche Leistungen, mehr Entlastungsdienste, Fortbildung) als auch eine verbindliche Umsetzung der pädagogischen Begleitung und Beratung. Weiter wird angeregt, Strategien der Akquise neuer Zielgruppen zu entwickeln (z. B. im Rahmen der Netzwerkerkundung im familiären und sozialen Umfeld) sowie die Auswahlkriterien für Pflegefamilien stärker der diversifizierten Lebenswelt von Familien anzupassen (z. B. verstärkt Familien mit Migrationshintergrund, nicht-eheliche Lebensgemeinschaften, gleichgeschlechtliche Partnerschaften etc. in den Blick zu nehmen). 

Hilfeprozesse bedarfsgerecht gestalten

  • Bisher bestehen im Kontext der Unterbringung junger Kinder meist nur in einem geringen Teil fallübergreifende Kooperationen[44] über die Dienste der Kinder- und Jugendhilfe hinaus. Hier sieht die AGJ dringenden Handlungsbedarf. 
  • Mit Blick auf die besonderen Bedürfnisse von jungen Kindern ist seitens der Landesjugendämter zu prüfen, ob die verwendeten Instrumente der Diagnostik und des Fallverstehens ggf. einer Weiterentwicklung bedürfen. 
  • Es gilt das Prinzip der Allparteilichkeit, so dass die Bedürfnisse und Anliegen der Kinder wie auch deren Familien gleichermaßen im Blick behalten werden.
  • Die Fremdunterbringung bedeutet gerade für junge Kinder eine der folgenreichsten Interventionen der Kinder- und Jugendhilfe mit massiven Auswirkungen für die Zukunft. Die AGJ sieht die Jugendämter  deshalb in besonderer Verantwortung, die Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität von Hilfesteuerung und Hilfeerbringung zur Anwendung zu bringen.[45] 

Datengrundlagen schaffen, Forschungs- und Modellprojekte fördern

  • Die Bedürfnisse junger Kinder in stationärer Unterbringung sind bislang zu wenig im Fokus wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Notwendig ist eine stärkere Förderung einschlägiger Forschungs- und Modellprojekte, um die pädagogische Praxis entsprechend bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können [z. B. zur Frage adäquater Settings in stationären Einrichtungen, neuer Akquisemodelle zur Gewinnung von (Bereitschafts)Pflegefamilien oder die Evaluierung bestehender Konzepte/Modelle]. 
  • Bisher fehlt ein verlässlicher Gesamtüberblick zur Anzahl von 0-6jährigen Kindern mit Behinderung in stationärer Unterbringung, zu jeweiligen Behinderung(sformen), als auch zur Art und Dauer der Fremdunterbringung. Statistische Entwicklungen, z. B. hinsichtlich der Fallzahlen, der Anzahl der Inanspruchnahme von stationären Angeboten und damit verbundene Bedarfe (an Plätzen, Fachkräften, Pflegefamilien etc.) werden somit nicht adäquat abgebildet. Hier sieht die AGJ politischen Handlungsbedarf.  


Entscheidungsprozesse in familiengerichtlichen Verfahren beschleunigen 

  • Es bedarf einer offensiveren Ausgestaltung der Rolle des Jugendamtes in der Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren. Die rechtlichen Möglichkeiten des Jugendamtes als Verfahrensbeteiligte, wie z. B. die Möglichkeit Gutachter*innen vorzuschlagen, eigene Vorschläge einzubringen etc. sollten zum Wohle junger Kinder weit möglichst ausgeschöpft werden, 
  • Die gutachtliche Stellungnahme des Jugendamts, freien Trägers oder Verfahrensbeistands sollte nicht nur fachlich korrekt, sondern auch in angemessener Zeit[46] eingebracht werden. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass in dem Bericht die Anregung ein Gutachten zum Aufenthalt der Kinder oder zur Erziehungsfähigkeit der Eltern einzuholen, gezielt und nicht – wie in der Praxis teilweise üblich – standardmäßig erfolgen sollte. 
  • Ein fachlich gutes Sachverständigengutachten bildet in familiengerichtlichen Verfahren eine wichtige Entscheidungshilfe. Sowohl die*der Richter*in als auch die Fachkraft des Jugendamtes müssen einschätzen können, ob ein Gutachten qualitativ gut ist (Plausibilitätskontrolle). Den Fachkräften sind hierfür entsprechende  Unterstützungsmaterialien (z. B. Kriterien zur Prüfung) zur Verfügung zu stellen.[47] 
  • Die AGJ empfiehlt weiter, professionsübergreifend Strategien zur besseren Steuerung des Austauschs zwischen den involvierten Akteur*innen und Instanzen zu entwickeln (u.a. Eltern, Jugendamt, freier Träger, Gericht, Gutachter*in).

Beteiligung und Schutz von jungen Kindern gewährleisten

  • Beteiligung als Grundprinzip der Kinder- und Jugendhilfe muss für alle Kinder und ihre Familien umgesetzt werden. Kinder sind von Beginn an als vollwertige und kompetente Menschen anzuerkennen und aktiv, alters- und entwicklungsangemessen an allen sie betreffenden Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen. Von Anfang an müssen entsprechend geeignete Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen werden, in denen auch die Jüngsten so früh wie möglich selbstbestimmt und eigenverantwortlich handeln, entscheiden und mitgestalten können sowie beteiligt werden. Langjährig erprobte Konzepte und Erfahrungen aus dem Bereich der Frühpädagogik zur gelingenden Beteiligung junger Kinder können hierbei wertvolle Anregungen liefern. 
  • Es bedarf einer umfassenden Analyse von Risiken in dem jeweiligen Hilfesetting – von räumlichen Gefahrenquellen[48] bis hin zu dem erhöhten Risiko für junge Kinder mit und ohne Behinderung, (erneut) Opfer von Übergriffen und (sexueller) Gewalt zu werden. Dies schließt die Reflexion von „Nähe und Distanz“ sowie die Handlungssicherheit für Fachkräfte, auch in herausfordernden Situationen, mit ein. 

Bundesweite Regelung für Arbeitsvertragsrichtlinien entwickeln 

  • Es bedarf dringend Lösungen seitens der zuständigen Ressorts (BMFSFJ und BMAS), um die Fachlichkeit und Bedarfsgerechtigkeit von stationären Angeboten für junge Kinder und deren Familien aufrechterhalten zu können. Die AGJ fordert Regelungen im Arbeitszeit- und Mindestlohngesetz, die die pädagogische Tätigkeit für die jungen Menschen unterstützen. Hierzu muss eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um für beide Gesetzesbereiche Regelungen zu entwickeln. Da das ArbZG der Umsetzung der Europäischen Richtlinien dient, sind durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ggf. auch im Europäischen Parlament auf die mit dem ArbZG verbundenen Problematiken hinzuweisen und Lösungsstrategien, z. B. Ausnahmeregelungen, anzuregen.[49] 

Um den dringend benötigten Ausbau von Unterbringungsangeboten voranzutreiben als auch die Unterbringungssituation für junge Kinder weiter zu qualifizieren, sind die verschiedenen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe angehalten, sich zusammenschließen, gute Absprachen untereinander zu treffen und inhaltlich an einem Strang zu ziehen. Ziel muss sein, in enger Kooperation mit anderen Fachbereichen und Ressorts, den besonderen Bedarfen von jungen Kindern mit und ohne Behinderung und ihren Familien Gehör zu verschaffen. Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe haben dafür Sorge zu tragen, dass die mit der Unterbringung junger Kinder verbundenen strukturellen wie auch fachlichen An- und Herausforderungen auf (fach-)politischer Ebene präsent sind. 

Mit den vorangegangenen Empfehlungen sind teilweise hohe strukturelle Herausforderungen für die beteiligten Akteure verbunden. Der AGJ ist bewusst, das hierin nicht der einzige Weiterentwicklungsbedarf des an sich sehr gut ausdifferenzierten Bereiches der Kinder- und Jugendhilfe besteht, sondern zeitgleich auch andere aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen zu bewältigen sind. Es bedarf insofern auch einer ehrlichen, transparenten Diskussion in der Kinder- und Jugendhilfe, mit den Kooperationspartnern und den politisch verantwortlichen Akteuren darüber, welche Anforderungen wie leistbar sind, um die dringend notwendigen konzeptionellen und strukturellen Weiterentwicklungen im Sinne der jungen Kinder und ihrer Familien zu ermöglichen.

Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ 
Berlin, 02. März 2023

Fußnoten

[1] Ansprechperson für dieses Positionspapier in der AGJ ist die zuständige Referentin des Arbeitsfeldes VI „Hilfen zur Erziehung, Familienunterstützende und Sozialpädagogische Dienste“: Monique Sturm (monique.sturm@agj.de).
[2] Vgl. Diskussionspapier des AFET – Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. (2020): Aktuelle Herausforderungen bei der Unterbringung von jungen Kindern unter 6 Jahren in den Hilfen zur Erziehung nach dem SGB VIII, Hannover.
[3] Die Bezeichnung „junge Kinder“ bezieht sich in dem vorliegenden Papier auf 0-6jährige Kinder.
[4] Fendrich, Sandra: „Junge Kinder in der Heimerziehung. Was sagt uns die Statistik zur stationären Unterbringung von Kindern unter sechs Jahren?“ im Rahmen des digitalen Fachtages des SOS-Kinderdorf e.V. „Früh in Fremdbetreuung ? junge Kinder in der Heimerziehung“ am 3. November 2022. Nicht außer Acht gelassen werden kann, dass es sich hierbei um stark belastete Familien handelt, die vorrangig durch präventive Angebote erreicht werden sollten.
[5] Unter 3Jährige: ca. 28 Tage, 3 bis unter 6Jährige: 24 Tage, 6-jährige Kinder: 23 Tage. Vgl. ebd.  Fendrich, Sandra; Eifler, R.; Hipke, F.; Kurtz, V.: Lange Verweildauern – Ein Problemabriss zur aktuellen Situation in Inobhutnahme-Einrichtungen, In: Handbuch Inobhutnahme. Grundlagen – Praxis und Methoden – Spannungsfelder (2020), S. 401. 
[6]  Vgl.: Pothmann, Jens (2020): Vollzeitpflege und Heimerziehung bei den unter 6-Jährigen – Notizen aus Analysen der Kinder- und Jugendhilfestatistik, In: Dialog Erziehungshilfe 1/2020, S. 29-33.
[7] Seiser, René: Situationsbericht aus der Perspektive der Fachplanung Erziehungshilfen der Landeshauptstadt Hannover. Input im Rahmen des 15. Expert(inn)engespräch des Dialogforums „Bund trifft kommunale Praxis“ am 1. Juli 2020, Berlin. 
[8] Z. B. Unterbringung in einer regulären stationären Wohngruppe, ad hoc-Bildung von Kleinkindgruppen.
[9] Z. B. das Fehlen (geeigneter) Pflegeeltern für die sofortige, befristete Unterbringung, die kurzfristige Unterbringung mehrerer Geschwister, die Ablehnung der Unterbringung in einer Pflegefamilie seitens der Eltern oder starke Verhaltensauffälligkeiten der Kinder, die gegen die Aufnahme in eine Pflegefamilie sprechen.
[10] Vgl.: Grossmann, Klaus E.; Grossmann, Karin (Hrsg., 2015): Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie. Klett-Cotta Verlag (Stuttgart) 2015. 4. Auflage.
[11] Z. B über drei Stunden allein gelassen werden oder ein hohes Maß an Stress bei der Hauptbezugsperson; Vgl. hierzu: Izat, Yonca: Professionelle Beziehungsarbeit mit jungen Kindern – Was brauchen kleine Kinder? Was bedeutet das für die Arbeit der Fachkräfte?“ Im Rahmen des digitalen Fachtages „Früh in Fremdbetreuung. Junge Kinder in der Heimerziehung“ des SOS-Kinderdorf e.V. am 03./04.11.2022. 
[12] Vgl.: Paolucci, E. O.; Genuis, M. L.; Violato, C. (2001): A meta-analysis of the published research on the effects of child sexual abuse. The Journal of Psychology, 135(1), 17–36.; Jumper, S. A. (1995): A meta-analysis of the relationship of child sexual abuse to adult psychological adjustment.
[13] Bspw. wird schon in den ersten Lebensmonaten die höchste Dichte von Synapsen in den Hinterhauptslappen, die für die visuelle Wahrnehmung zuständig sind, erreicht. Zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr ist hingegen das Wachstum in den Stirnlappen (u. a. Planen von Handlungen, Urteilsvermögen, Aufmerksamkeit) am größten. Bis ca. zum 6. oder 7 Lebensjahr dauert die "sensible Phase" für den Spracherwerb. Vgl. bspw.: Eliot, Lise (2017): Was geht da drinnen vor? Die Gehirnentwicklung in den ersten fünf Lebensjahren. Verlag Piper. 
[14] Vgl.: Statistisches Bundesamt (2022): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe: Vorläufige Schutzmaßnahmen. Wiesbaden; Ziegenhain, Ute: Inobhutnahme von Klein(st)kindern – Realitäten abbilden! Realitäten verändern? Realitäten (anders neu) planen?, Vortrag beim 15. Expertengespräch des Dialogforums Bund trifft kommunale Praxis. Eine gemeinsame Veranstaltung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Deutschen Instituts für Urbanistik, Berlin, 1. und 2. Juli 2020.
[15] Im Kontext von Inklusion ist damit zudem die Aufgabe verbunden, den spezifischen Schutzbedürfnissen junger Menschen mit Behinderung Rechnung zu tragen. Siehe hierzu auch: Hollweg/Kieslinger (2022): Inklusion in den Erziehungshilfen III – Kinderschutz inklusiv gedacht. TPJ 04/2022. Dähre: Schöneworth Verlag. 
[16] Vgl.: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (Hrsg., 2015): Partizipation von Kleinkindern. Fachliche und konzeptionelle Impulse (KVJS Ratgeber); Rehmann , Yvonne (2016): Partizipation in der Krippe – Grundlagen und Anregungen für die Praxis. In: KitaFachtexte.
[17] AGJ-Diskussionspapier (2011): Kleine Kinder in den stationären Formen der Hilfen zur Erziehung – Anforderungen an die Ausgestaltung.
[18] Z. B. Methoden non-verbaler Kommunikation.
[19] Vgl.: LVR-Landesjugendamt/LWL-Landesjugendamt (Hrsg., 2016): Junge Kinder in den Angeboten der stationären Erziehungshilfe (Langfassung), S. 29 ff. 
[20] Jampert, Karin et al. (Hrsg., 2011): Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten. Sprachliche Bildung und Förderung für Kinder unter Drei. Berlin, Weimar; Delfos, Martine F. (2015): Sag mir mal ...« Gesprächsführung mit Kindern (4 - 12 Jahre); Bodenburg, Inga; Grimm, Gunhild (2011): Weißt du, was ich sagen will? Kommunikation mit 0- bis 3-Jährigen, Cornelsen Schulverlage GmbH.; Wirts, Claudia (2011): Kommunikation von und mit Kleinkindern im ersten Lebensjahr; Wiebke Gericke (2015): In Kommunikation mit Babys und Kleinkindern am Beispiel von Gebärden; AGJ-Positionspapier (2022): Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können, S. 4 ff.
[21] Vgl.: Ulrich, Anita; Minet, Claudia; Wölfel von, Ulrike (2013): Entscheidungsprozesse im Jugendamt bei der Fremdunterbringung kleiner Kinder.  Abschlussbericht der Studie „Kinder zwischen null und sechs Jahren in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe“.
[22] AGJ-Positionspapier (2022): Armutssensibles Handeln – Armut und ihre Folgen für junge Menschen und ihre Familien als Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe, S. 13.; Nationales Zentrum Frühe Hilfen (Hrsg.): Frühe Hilfen aktuell (2/2022).
[23] Vgl. z. B.: Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie - Landesjugendamt FB I – (2021, Hrsg.): Orientierungshilfe zur Betreuung von Klein(st)kindern in stationären Leistungsangeboten in Niedersachsen; Landschaftsverband Westfalen-Lippe - Landesjugendamt Westfalen, Landschaftsverband Rheinland – Landesjugendamt (Hrsg., 2016): Junge Kinder in den Angeboten der stationären Erziehungshilfe.
[24] Z. B. U3-Einrichtung, Kita, Schule, Arbeitsplätze, Freizeitaktivitäten; Vgl.: Sozialpädagogisches Institut (Hrsg, 2012): Band 14 der SPI-Materialien. Ressourcen, Belastungen und pädagogisches Handeln in der stationären Betreuung von Geschwisterkindern. Geschwister in der stationären Erziehungshilfe, München.
[25] Vgl.: Krause, Hans-Ullrich (Hrsg.,2022): Familienintegrative Ansätze für die Jugendhilfe. Stationäre Hilfen zur Erziehung neu gestalten. Verlag Barbara Budrich, Toronto.
[26] Z. B. kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit zur Akquise, Lockerung geltender Rahmenbedingungen, bessere Begleitung und Unterstützung für Pflegeeltern (Entlastungsdienste, Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote, Supervisionen), finanzielle Anreize, wie bspw. „Bereithaltegeld“ bei Bereitschaftspflegen. 
[27] Vgl.: Dzengel, Jessica; Gravelmann, Reinhold (2021): Kooperations-Tagung 27.01.2021 „Das beste Mittel der Wahl? Familienintegrierte und -unterstützende Settings bei Inobhutnahme von Klein(st)kindern?
[28] Statistisches Bundesamt (2022): Erzieherische Hilfe - einschließlich für junge Volljährige. 
[29] Die Statistik der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX erfasst Adressat*innen ab der Alterskohorte 0-18 Jahre. Zudem unterscheidet die Statistik der Eingliederungshilfe nicht zwischen teil- und vollstationären Hilfen, sodass hier junge Menschen miterfasst werden, die gleichwohl zu Hause wohnen und nur zeitweise Hilfen (z. B. in Kindertageseinrichtungen) in Anspruch nehmen. Dem Teilhabebericht der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass die Fremdunterbringung von jungen Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung in stationären Einrichtungen [z. B. Eingliederungshilfe zum Wohnen in einer Wohneinrichtung gem. §§ 53 ff. SGBXII (alt); vollstationäre Dauerpflege gem. § 43 SGB XI] unabhängig voneinander in unterschiedlichen Statistiken (Sozialhilfestatistik, Pflegestatistik), in der Alterskohorte der 0-15-Jährigen, erfasst wird. Vgl. hierzu: Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen 2021*, S. 50; Dworschak, W.; Reiter, T. (2017):  Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung im Heim. Prävalenz und individuelle Merkmale. In: VHN, 86. Jg., S. 325–339.
[30] Vgl.: etwa Forderungen des Bundesverbands behinderter Pflegeeltern (BbP). 
[31] Forderung der AGJ nach einer entsprechenden Überprüfung des Leistungskatalogs, Vgl. AGJ (2019), Zusammenführende Stellungnahme zu den Themen Prävention im Sozialraum und Inklusion im Rahmen von „Mitreden –Mitgestalten“, S. 19.
[32] Gerade in dieser Altersgruppe kann es durch eine mangelnde Fürsorge oder Gewaltanwendungen schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen. Zudem können 0-3jährige Kinder ihr Befinden (noch) nicht bzw. kaum verbalisieren. Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten lassen sich oftmals nur schwer einordnen. Sie können Anzeichen emotionaler und/oder körperlicher Vernachlässigung sein, auf eine problematische Eltern-Kind-Beziehung hinweisen, aber auch rein medizinische Ursachen haben.
[33] Faktoren zum Schutz vor sexueller Gewalt in stationären Hilfen zur Erziehung sind z. B.: eine ausgeprägte Feedbackkultur, eine Kultur der Grenzachtung, stimmige Arbeitsbedingungen (Ressourcen), Haltung der Mitarbeitenden zur Partizipation und Beschwerdeverfahren von jungen Menschen. Vgl. hierzu: www.kein-raum-fuer-missbrauch.de/schutzkonzepte. 
[34] Erschwerend kommt hinzu, dass bei Kindern, die bereits (sexualisierte) Gewalt erlebt haben, Reaktionen auf erneute Missbrauchssituationen teilweise weniger deutlich ausfallen. Aufgrund ihrer Erfahrungen bestehen oftmals Schwierigkeiten, Gefühle zu differenzieren, Schmerzgrenzen sind herabgesetzt oder eigene grenzüberschreitende Verhaltensweisen sind bereits entwickelt. 
[35] Vgl.: AGJ-Positionspapier (2022):  Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können, S. 22 ff.
[36] Vgl. z. B.: Müller, Heinz; de paz Martinez, Laura (2020): Schutzkonzepte in der Pflegkinderhilfe. Anforderungen und Ansatzpunkte; Fegert, Jörg M. et al. (Hrsg., 2022): Schutzkonzepte in Pflegfamilien. Ein Werkbuch zur Stärkung der Recht junger Menschen, Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel; KVJS-Landesjugendamt (2022): Schutzkonzepte in der Pflegekinderhilfe – Handreichung für die Praxis. Diskussionspapier aus dem Dialogforum Pflegekinderhilfe.
[37] Dies beinhaltet auch die Erarbeitung und/oder Fortschreibung eines Konzeptes und der entsprechenden Leistungsbeschreibung, die sich an den besonderen Erfordernissen dieser Zielgruppe orientierten.
[38] Vgl.: LVR-Landesjugendamt/LWL-Landesjugendamt (Hrsg., 2016): Junge Kinder in den Angeboten der stationären Erziehungshilfe (Langfassung), 30ff. 
[39] Z. B. Entlassung auf Probe mit Rückkehroption und Integrationshilfen von Seiten der Einrichtungen. Grundlage ist eine gute Absprache mit dem Jugendamt und ggf. eine stärkere Nutzung des Instrumentes Bettengeld oder ähnlicher Finanzierungsmuster für solche Übergangssituationen.
[40] In manchen Fällen kann es aber im Sinne eines Schutzes der Kinder durchaus sinnvoll sein, diese fern der Familie unterzubringen (z.B. Risiko weiblicher Genitalverstümmelung, Morddrohungen).
[41] Z. B. eine gemeinsame Unterbringung von Geschwisterkindern mit und ohne Behinderung. Vgl.: AGJ-Positionspapier (2022) Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können.
[42] Dies beinhaltet gerade auch Settings, in denen Familien gemeinsam untergebracht sind und/oder an familienintegrierte Settings. 
[43] Vgl.: AGJ-Positionspapier (2022) Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können
[44] Dies bezieht sich u.a. auf die Kooperation mit Kindertageseinrichtungen, da hier die individuellen Bedarfe der jungen Menschen ersichtlich werden. Weitere Kooperationspartner können sein:  Vormünder*innen, Verfahrensbeiständen, Mutter-Kind-Einrichtungen sowie Institutionen des Gesundheitswesens (Geburtskliniken, Kinderkliniken, Kinderschutzzentren).
[45] Vgl. z.B. die jeweiligen fachlichen Empfehlungen und Arbeitshilfen der Landesjugendämter sowie das Personalbemessungssystem für örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe unter: www.blja.bayern.de/service/broschueren/neue/27603/index.php 
[46] Gesamtverfahrensdauer erster Instanz einschließlich schriftlichem Gutachten möglichst ca. 5 bis 8 Monate, vor OLG mündlich binnen rd. 3-6 Monaten
[47] Vgl.: Richter am Oberlandesgericht Andreas Hornung, Arbeitsgruppe auf der Fachtagung von DIJuF und OTH: Stellungnahmen in familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren am Beispiel der Warendorfer Praxis und der Praxis des 13. Familiensenats des OLG Hamm (26.03.2018).
[48] Zur Unfallverhütungsmaßnahmen für die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren können u. a. Checklisten verwendet werden. Vgl. z. B. Landesjugendamt Niedersachsen (Hrsg.; 2021): Orientierungshilfe zur Betreuung von Klein(st)kindern in stationären Leistungsangeboten in Niedersachsen, S. 6.
[49] Das Arbeitszeitgesetz dient der Umsetzung der Europäischen Richtlinie 93/104/EG vom 23. November 1993 und der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.