Bericht zu Deutschland im Rahmen des Pilotprogrammes zur Europäischen Kindergarantie

Nachdem das Europäische Parlament 2017 eine europaweite Kindergarantie gefordert hatte, beschloss die Europäische Kommission im selben Jahr eine auf mehrere Jahre angelegte vorbereitende Maßnahme, unterteilt in drei Phasen. Neben einer Machbarkeitsstudie (September 2018 bis April 2020) und einer Studie über den wirtschaftlichen Umsetzungsrahmen der Kindergarantie (März 2020 bis März 2021) läuft derzeit eine dritte Phase: ein europaweites Pilotprogramm in sieben EU-Mitgliedsstaaten (Sommer 2020 bis Sommer 2022).

In dieser Phase, die UNICEF für die EU-Kommission umsetzt, werden innovative Ansätze zur Verringerung von Kinderarmut in Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Deutschland, Italien, Litauen und Spanien getestet. Dazu zählen zum Beispiel Projekte zu familienunterstützenden Dienstleistungen, zur Förderung unabhängiger Lebensgestaltung, zu inklusiver Bildung und qualitativ hochwertiger Vorschulerziehung. Konzipiert wurden die Projekte mit Blick auf fünf vulnerable Gruppen, beispielsweise Kinder aus prekären Familienverhältnissen, Kinder mit Behinderungen oder Kinder, die einer ethnischen Minderheit angehören. Das Pilotprogramm soll als Grundlage zur Entwicklung der Nationalen Aktionspläne der teilnehmenden Staaten dienen. Zudem sollen daraus gewonnene Erkenntnisse und abgeleitete Empfehlungen die Umsetzung der europaweiten Kindergarantie insgesamt unterstützen. Im November 2021 veröffentlichte UNICEF das letzte Update zur dritten Phase in Form eines Berichts zum aktuellen Stand der Umsetzung, in dem die Pilotprojekte aus den verschiedenen Ländern vorgestellt und Fortschritte aufgezeigt werden. Darüber hinaus wurde für jeden teilnehmenden EU-Mitgliedsstaat ein eigener Bericht veröffentlicht.

Der Bericht zu Deutschland wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammengestellt und nimmt Verfahrens- und Vorgehensweisen in den Politikbereichen der Europäischen Kindergarantie (Gesundheitsversorgung; Bildung; frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung; angemessener Wohnraum; gesunde Ernährung) in Deutschland in den Blick. Dazu umfasst der Bericht zum einen eine Übersicht politischer Initiativen und Programme in den genannten Politikbereichen auf sowohl Bundes- als auch Landes- und kommunaler Ebene, einschließlich derer, die im Laufe der COVID-19-Pandemie eingeführt wurden. Zum anderen werden Informationen zur Evaluation dieser Initiativen und Programme zusammengetragen mit dem Ziel, bewährte Verfahren und Befähigungsfaktoren, die einen effektiven und kostenlosen Zugang von bedürftigen Kindern zu wichtigen Diensten ermöglichen, zu identifizieren.

Allgemein zählen in Deutschland in allen Bereichen der Kindergarantie beschäftigungs- und familienpolitische Initiativen sowie Unterstützung und Bereitstellung von Sozialleistungen zu eben solchen Befähigungsfaktoren. Konkret ist mit Blick auf beispielsweise gesunde Ernährung in Deutschland der Nationale Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ von Bedeutung. Dieser wurde im Juni 2021 erweitert und nimmt nun vulnerable Gruppen stärker in den Blick. Zudem sollen die im Rahmen von IN FORM entwickelten DGE-Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung deutschlandweit verbindlich umgesetzt werden.

Ein wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit – ein anderer Bereich der Europäischen Kindergarantie – ist zum Beispiel das Gute-KiTa-Gesetz. Kindertagesstätten und Schulen spielen eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Kindern; einkommensschwache Familien von Gebühren zu befreien ist daher ein wichtiger Schritt, um Kinder zu unterstützen und ihren Besuch solcher Betreuungseinrichtungen zu fördern. Gleiches gilt für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, mit dem ab 2026 die Bildungsgerechtigkeit und die Teilhabechancen für Kinder verbessert und für Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert werden sollen.

Nachdem der Rat der EU am 14. Juni 2021 eine Empfehlung zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder auf Vorschlag der Europäischen Kommission angenommen hat, haben die EU-Mitgliedsstaaten nun bis März 2022 Zeit, ihre Nationalen Aktionspläne zur Umsetzung der Empfehlung bis 2030 vorzulegen. Dazu sollen sie die nationalen, regionalen und lokalen Gegebenheiten sowie die bestehenden politischen Strategien und Maßnahmen zur Unterstützung bedürftiger Kinder berücksichtigen.