Positionspapier: Verantwortung tragen und Herausforderungen angehen! Leaving Care vor Ort verbindlich gestalten

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Bezugnehmend auf die AGJ-Transferkonferenz „Rechtsanspruch Leaving Care vor Ort verbindlich inklusiv gestalten“ vom 30./31.05.2022, setzt sich die AGJ in ihrem Positionspapier „Verantwortung tragen und Herausforderungen angehen! Leaving Care vor Ort verbindlich gestalten“ mit der Frage auseinander, wie eine bessere, verbindliche Gestaltung von Leaving Care auf kommunaler Ebene realisiert werden muss. Die AGJ sieht alle zuständigen Akteur*innen in der Politik, den Kommunen, der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe als auch in den rechtskreisübergreifenden Ressorts in der gemeinsamen Verantwortung, dass Care Leaver*innen von den rechtlichen Normierungen des KJSG profitieren und gleiche, diskriminierungsfreie Teilhabechancen erhalten. Dabei gilt grundlegend: Eine am Bedarf orientierte Qualität des Leaving Care lässt sich nur gewährleisten, wenn die Stimme der jungen Menschen wirkungsvoll Gehör findet!

Die Jugend und das junge Erwachsenenalter sind prägende Lebensphasen mit spezifischen Herausforderungen. Insbesondere der Übergang vom Jugend- in das Erwachsenenalter stellt für alle jungen Menschen eine große Entwicklungsaufgabe dar für deren Bewältigung sie Unterstützung brauchen.[2] Die Lebenslagen von Jugendlichen sind dabei durch generationelle Gemeinsamkeiten wie auch durch soziale Ungleichheit gekennzeichnet.[3] Leaving Care – der Übergang junger Menschen, die in stationären Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe aufwachsen, ins Erwachsenenleben – ist mit besonderen persönlichen und strukturellen Herausforderungen verbunden. Der Weg aus der stationären Hilfe ist häufig erschwert und von Brüchen gekennzeichnet.[4] Junge Menschen erfahren dabei oftmals zu wenig Unterstützung – eine verlässliche Infrastruktur vor Ort ist vielfach nicht vorhanden. 

Die Reform des SGB VIII bzw. das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG, 2021) hat anerkannt, dass eine bessere, verbindliche Gestaltung dieses Übergangs auf kommunaler Ebene realisiert werden muss. Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) hat das Potenzial, den Prozess des Leaving Care deutlich positiv zu verändern. Es ist an der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe, jetzt zu handeln und die neuen rechtlichen Regelungen vor Ort umzusetzen – auch und gerade in Corona-Zeiten! Eine Kinder- und Jugendhilfe, die für die Belange von Care Leaver*innen zuständig ist, versteht Leaving Care als fachliche und fachpolitische Aufgabe und damit als sozialpolitische Herausforderung. Bei der Weiterentwicklung der Hilfeplangespräche und Unterstützungsprozessen sind die Bedarfe der jungen Menschen in den Fokus zu stellen, alle Lebensbereiche einzubeziehen und dafür zu sorgen, dass keine Systembrüche zwischen Rechtskreisen auf dem Weg ins Erwachsenenleben entstehen. 

Die AGJ sieht es in der gemeinsamen Verantwortung der zuständigen Akteur*innen in der Politik, den Kommunen, der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe als auch in den rechtskreisübergreifenden Ressorts (z. B. Rechtsprechung, Agentur für Arbeit), dass alle jungen Menschen gleichermaßen von den rechtlichen Normierungen profitieren und an allen Gesellschaftsbereichen teilhaben können. Dabei gilt grundlegend: Eine am Bedarf orientierte Qualität des Leaving Care lässt sich nur gewährleisten, wenn die Stimme der jungen Menschen wirkungsvoll Gehör findet!